Mit dem im Juli 2012 in Kraft getretenen neuen Mediationsgesetz wurde die Mediation erstmalig gesetzlich verankert. Das Gesetz ist damit ein Meilenstein in diesem Bereich. Betroffene haben seitdem bessere Chancen, bestehende Konflikte einvernehmlich durch Mediation zu lösen. Die Neuregelungen bieten die nötige Gestaltungsfreiheit und Flexibilität, um auf die unterschiedlichen Konfliktsituationen angemessen reagieren zu können. Das Gefühl, durch einen Richter „zu etwas verurteilt“ worden zu sein, und die besonderen Belastungen einer „streitigen“ Lösung sind damit Vergangenheit.
Das A&O einer erfolgreichen Konfliktbeilegung liegt darin, dass die Beteiligten die Lösung ihres Konflikts freiwillig annehmen oder sogar gemeinsam finden. Seelische und auch finanzielle Belastungen der Betroffenen können so verringert werden. Schlichtung und Mediation sind damit Ausprägungen einer modernen Zivilgesellschaft, in der die Bürger willens und in der Lage sind, Konflikte selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich auf eine Lösung hinzuarbeiten.
Nunmehr ist es an der Zeit, erste Erfahrungen mit den Neuregelungen auszutauschen und über mögliche Zukunftsperspektiven zu diskutieren. Hierzu bietet die Tagung im Bundesjustizministerium Experten und Interessierten ein gutes Forum.
Auf EU-Ebene gibt es weitere Bewegung im Bereich der einvernehmlichen Konfliktbeilegung. Es werden zeitnah zwei EU-Rechtsakte zur Streitbeilegung in Verbrauchersachen angenommen werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Umsetzung der Rechtsakte zu einem weiteren Schub für die außergerichtliche Streitbeilegung in Deutschland und zu einem Ausbau der Schlichtungsstellen führen wird. Dabei sollte die Einhaltung der bewährten hohen Standards zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Streitbeilegungseinrichtungen gesetzlich abgesichert werden.
Zum Hintergrund:
Durch das Gesetz am 26. Juli 2012 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung hat die Mediation als wichtige Form der Konfliktbeilegung erstmals einen gesetzlichen Rahmen erhalten. Vor dem Hintergrund einer fortgeschrittenen Zivilgesellschaft sollen Streitparteien ermutigt werden, Konflikte autonom aufzugreifen und einvernehmlich zu lösen. Das neue Gesetz stellt hierfür den erforderlichen Handlungsrahmen und die notwendigen Instrumentarien zur Verfügung, insbesondere sind folgende Eckpfeiler für die Mediation vorgesehen:
• die Freiwilligkeit der Teilnahme an dem Verfahren;
• die Autonomie und Eigenverantwortlichkeit der Parteien;
• die Neutralität und Unabhängigkeit des Mediators;
• die fehlende Entscheidungsbefugnis des Mediators;
• die Vertraulichkeit des Verfahrens einschließlich Zeugnisverweigerungsrechten für die Mediatoren in verschiedenen Prozessordnungen (ZPO, FamFG, ArbGG, SGG, VwGO).
Darüber hinaus wurde ein sog. „erweitertes Güterichtermodell“ in verschiedenen Verfahrensordnungen eingeführt. Hierdurch erhalten die Beteiligten die zusätzliche Option, in einer Güteverhandlung vor einem speziellen Güterichter, der nicht zur Entscheidung des Rechtsstreits befugt ist, eine Einigung zu erzielen. Dieser Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
Der Schutz der Vertraulichkeit in der Güteverhandlung vor dem nicht entscheidungsbefugten Güterichter ist gewährleistet. Die Verhandlung vor dem nicht entscheidungsbefugten Güterichter ist nicht öffentlich. Ein Protokoll über das richterlich geführte Gütegespräch wird nur aufgenommen, wenn die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Mediation ist ein interdisziplinäres Arbeitsfeld. Mediatoren können die unterschiedlichsten Grundberufen besitzen, z. B. Rechtsanwalt, Psychologe, Pädagoge oder Sozialwissenschaftler. Die Qualität der Aus- und Fortbildung von Mediatoren wird im Mediationsgesetz dadurch abgesichert, dass die Anforderungen an die Grundkenntnisse und Kernkompetenzen eines Mediators präzisiert werden. Zusätzlich wird die Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ gesetzlich verankert und das Bundesjustizministerium ermächtigt, in einer Rechtsverordnung Mindeststandards für Aus- und Fortbildung von „zertifizierten Mediatoren“ festzulegen. Das BMJ hat von dieser Verordnungsermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht.
Auf EU-Ebene wird am 22. April 2013 der Rat die Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (RL ADR) und die Verordnung über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (VO ODR) annehmen. Das Europäische Parlament hat die Rechtsakte bereits im März 2013 gebilligt. Die RL ADR muss dann in den nächsten zwei Jahren in innerstaatliches Recht umgesetzt werden; die VO ODR ist 6 Monate nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie anwendbar. Das Regelungspaket soll die Möglichkeiten für Verbraucher verbessern, ihre Rechte gegenüber Unternehmen in einem außergerichtlichen Verfahren zur Streitbeilegung geltend zu machen. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, im Verbraucherbereich flächendeckend für außergerichtliche Streitbeilegungsstellen zu sorgen.
Vor diesem Hintergrund findet am 19. April 2013 im Bundesministerium der Justiz eine Tagung zu den Erfahrungen und Perspektiven der außergerichtlichen Streitbeilegung statt. Schlichter, Ombudsleute, Mediatoren und Wissenschaftler werden aus der Praxis über die Bedeutung der Schlichtung und der Mediation in Deutschland berichten. Ein Vertreter der Europäischen Kommission wird die EU-Richtlinie zur alternativen Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten vorstellen.
Die Teilnehmer werden unter anderem Fragen wie „Welche Funktionen haben Mediation und Schlichtung in unserer Rechtsordnung?“, „Welche Erfahrungen gibt es bislang mit Mediation und Schlichtung?“ und „Welche Anforderungen an Mediation und Schlichtung stellen sich in Zukunft?“ diskutieren.
Weitere Informationen zum Thema Mediation finden Sie unter: http://www.bmj.de/DE/Recht/Rechtspflege/MediationSchlichtungInternationaleKonflikteKindschaftssachen/_doc/mediation_was_ist_das.html?nn=1469876
Bundesministerium der Justiz