Hamburg – In einer ganzen Reihe von Projekten versucht die Technologie- und Innovationsberatung Altran die derzeit insbesondere bei Boeing starke Probleme verursachende Lithium-Ionen-Batterie durch Brennstoffzellen zu ersetzen.
Langfristiges Ziel von Airbus und der Technologie- und Innovationsberatung Altran ist es, ein hybrides Triebwerk für Verkehrsflugzeuge zu entwickeln. „Zwar ist es heute noch unvorstellbar, ein tonnenschweres Flugzeug allein mit Brennstoffzellen zu starten. Denkbar ist allerdings, die Brennstoffzelle in der Luft zuzuschalten und so den Kerosinverbrauch während des Fluges weiter zu reduzieren“, sagt Rüdiger Ebeling, der bei Altran an der Integration von Brennstoffzellen in die Luftfahrt forscht. Derzeit hat die Integration noch den Status eines Forschungsprojekts ohne zeitlich festgelegtes Projektfenster. Doch neben der Antriebshilfe könnte die Brennstoffzelle künftig noch eine weitere Funktion in Flugzeugen übernehmen – und hier ist der Projektfortschritt schon bemerkenswert.
Ersetzt die Brennstoffzelle schon bald ein Nottriebwerk?
Künftig soll eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle auch noch ein Nottriebwerk (die sogenannte „Ram Air Turbine“, im Fliegerslang auch „Ratte“ genannt) ersetzen. Bei dieser eher unbekannten Sicherheitseinrichtung in Düsenflugzeugen handelt es sich um einen mechanisch ausklappbaren Propeller, der im Falle eines Ausfalls der Triebwerke durch den Flugwind angetrieben Strom für die notwendigsten Systeme erzeugt. Diese RAT sind nicht nur aufwendig zu integrieren, sondern beeinflussen auch das Design des Flugzeugs, da die kleinen Propeller inklusiv Aufhängung und Kabel in den Tragflächen des Flugzeugs angebracht werden müssen. Könnte man auf diese Sicherheitseinrichtung verzichten, hätten die Airlines nicht nur neue Freiräume bei der Gestaltung ihrer jeweils individuell gebauten Flugzeuge, auch die Kosten würden geringer ausfallen. Und genau dieser Ersatz der RAT durch eine kleine und an die Bedingungen der Luftfahrt angepasste Brennstoffzelle wird derzeit intensiv untersucht. Sollte sich das Projekt bewähren, müsste lediglich in großen Abständen der Wasserstofftank ausgetauscht werden, um auch künftig im Notfall auf ein weiteres Sicherheitssystem zurückgreifen zu können.
Brennstoffzellen-Wasser für die Toilettenspülung?
Ein weiterer bedeutender Nebeneffekt, der die neue Technologie in die Luftfahrt treibt: Je mehr Brennstoffzellen künftig traditionell betriebene Turbinen oder Motoren ersetzen können, desto mehr Wasser steht aus den chemischen Reaktionen in der Zelle zur Verfügung. Dieses Wasser kann dann z. B. für die Toilettenspülung genutzt werden. Da das Wasser dann nicht mehr auf den Flughäfen getankt, sondern durch die Brennstoffzelle quasi erst während des Fluges „produziert“ wird, reduziert dies wiederum das Gewicht des Fliegers insgesamt und steigert das mögliche Zuladungsgewicht. „Ein Kilogramm eingespartes Gewicht ist den Flugzeugherstellern bis zu 10.000 Dollar wert“, sagt Rüdiger Ebeling. „Die Zahlen allein verdeutlichen, wie wertvoll es wäre, auf einige Hundert Liter Wasser verzichten zu können“, so der Berater.
Brennstoffzellen-Abluft als innovatives Feuerlöschmittel
Der Einsatz von Brennstoffzellen im Flugzeug hat noch einen weiteren Vorteil: Da jede mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle neben Energie auch sauerstoffarme Luft freisetzt, kann auch diese einen sinnvollen Zweck erfüllen und für das Feuerlöschsystem des Flugzeugs verwendet werden. Noch heute wird das seit vielen Jahren – bis auf den Bereich der Flugzeuge – verbotene und gesundheitsschädliche Halon-Gas verwendet, um plötzliches Feuer im Flugzeug im Keim zu ersticken. Die sauerstoffarme Abluft der Brennstoffzelle könnte dabei noch so optimiert werden, dass den Passagieren noch genügend Sauerstoff zum Atmen bleibt, Feuer jedoch kein „Futter“ zur weiteren Ausbreitung erhält. Diese Methode des „Feuerlöschens“ hat sich in Bibliotheken bereits bewährt und wird nun bereits mit Hochdruck auf den Einsatz in Flugzeugen vorbereitet.
Im Rahmen der Brennstoffzellen-Projekte arbeiten die Entwicklungsingenieure in diesem Jahr beispielsweise auch an innovativen Wasserstoffsensoren. Diese wird man beim künftig geplanten Einsatz von Brennstoffzellen im Flugzeug brauchen, um gefährliche Leckagen im Flugzeug zu detektieren.
Einer der Vorteile von Wasserstoff gegenüber der heute eingesetzten Batterie: „Wenn die Batterie erst einmal angefangen hat zu brennen, ist sie kaum noch zu löschen – brennt hingegen die Brennstoffzelle, muss lediglich der Wasserstoffzufluss unterbrochen werden. „Die Brennstoffzelle ist damit nicht nur effizienter, sondern auch sicherer“, sagt Dieter Klemm, bei Altran für die Weiterentwicklung von Brennstoffzellen in der Luftfahrt verantwortlich. Für den kurzfristigen Einsatz im Flieger reicht dies aber noch lange nicht: „Die Brennstoffzelle hat allerdings noch nicht die technische Reife, die sie für den regelmäßigen Einsatz in der weltweiten Luftfahrt benötigt. Dafür sind außerdem die Lebensdauer und damit die Wirtschaftlichkeit entscheidend, die wir derzeit prüfen“, so der Altran-Berater. „Wir gehen davon aus, dass die Brennstoffzellen in den genannten Projekten erstmals im A30x zum Einsatz kommen werden, dem Nachfolgemodell des heutigen A320 – dieses wird in den Jahren nach 2025 erwartet.“
Altran Teil des internationalen Normungsgremiums SAE
Neben den Brennstoffzellenprojekten erarbeitet Altran derzeit und mittelfristig im internationalen Normungsgremiums („SAE“) gemeinsam mit OEM wie Airbus und Boeing aber auch mit Systemlieferanten wie Liebherr oder Dassault und den Luftfahrtaufsichtsbehörden FAA und EASA eine neue Zertifizierungsgrundlage: Aktuell geht es insbesondere um die Spezifizierung von Krankenbetten und deren Installation in Verkehrsflugzeugen. Auf der Grundlage dieser Schnittstellenfunktion kann Altran spezifizieren, welche Produkte und Dienstleistungen in den kommenden Jahren überhaupt am Luftfahrtsmarkt benötigt werden.
Altran GmbH & Co. KGAnsprechpartner: Dr. Markus Ross