Medford/Atlantic City – Im Informationszeitalter sind User mit einer Datenflut konfrontiert, die zunehmend unüberschaubar wird. Doch Forscher an der Tufts University http://www.tufts.edu arbeiten an einem System, das Abhilfe schaffen soll. Das Team setzt dazu auf ein Headset, das per Infrarot-Scan die Gehirnaktivität des Nutzer überwacht und dann als Filter dient, der nur genau die Daten bis zum Nutzer durchlässt, die ihn gerade interessieren. Das soll revolutionieren, wie wir Informationen konsumieren und könnte beispielsweise Fluglotsen bei der Arbeit unterstützen.
Konzentration erkennen
Das System nutzt die Methode der sogenannten funktionelle Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS). Dabei wird der präfrontale Cortex des Gehirns durch Emitter an der Stirn mit Infrarot-Licht bestrahlt, das entweder vom Blut absorbiert oder wieder reflektiert wird. Wie viel Licht ebenfalls an der Stirn angebrachte Detektoren erreicht, gibt Aufschluss darüber, ob sich der Nutzer gerade intensiv konzentriert, berichtet der New Scientist. Ein Abgleich damit, was der Träger gerade auf einem Bildschirm sieht, soll erlauben zu bestimmen, welche Information gerade relevant ist und was nur störende Datenflut wäre.
Um zu zeigen, dass diese Idee funktioniert, haben der Tuft-Doktorand Evan Peck und Kollegen einen Test durchgeführt, bei dem 14 Probanden Filme in der Internet Movie Database http://www.imdb.com bewertet haben. Erst hat das System beobachtet, wie sich das Gehirn beim Bewerten von Filmen verhält. In weiterer Folge hat es dann Filmvorschläge gemacht und diese nach jedem Film auf Basis der Nutzer-Reaktion angepasst. Tatsächlich ist es so gelungen, für die Testpersonen relevantere Vorschläge zu machen als eine zufällige Liste und die Ergebnisse wurden immer besser.
Anwendungsbeispiel Flugsicherheit
Peck wird den Ansatz Anfang März im Rahmen der Konferenz „Augmented Human ’13“ http://www.hcilab.org/ah2013/ in Stuttgart näher vorstellen und ist überzeugt, dass er den Konsum von Informationen dramatisch verbessern kann. Tatsächlich gibt es sehr wichtige potenzielle Anwendungsgebiete wie die Flugsicherung. Die US-Luftfahrbehörde FAA http://www.faa.gov interessiert sich für fNIRS als Möglichkeit, die mentale Belastung von Fluglotsen zu überwachen und diese vielleicht auch zu entlasten. Immerhin ist Fluglotse ein wirklich stressiger Beruf und die Situation dürfte sich in Zukunft noch verschärfen.
„Adaptive Automatisierung ist für uns der heilige Gral“, so Ben Willems vom Human Factors Lab der FAA. Denn es ist für Fluglotsen nicht leicht, bei teils komplexen Fulgrouten etlicher Flugzeuge den Überblick zu behalten – doch ein Fehler könnte potenziell hunderte Menschenleben kosten. Allerdings müsste Willems zufolge für den Praxiseinsatz eines fNIRS-Systems sichergestellt sein, dass die Einblicke in die Gehirnaktivität der Lotsen nicht missbraucht werden können.
Nahziel E-Mail-Verwaltung
Das Tufts-Team ist indes erst einmal daran interessiert, sein System auch für komplexere Aufgaben zu nutzen. Konkretes Ziel ist, wirklich E-Mails und andere Datenströme zu filtern, mit denen Menschen bei der Arbeit tagtäglich konfrontiert sind. Peck geht davon aus, dass ein System durch Beobachten des Nutzers beim Umgang mit E-Mails vorauszusagen, welche Nachrichten von Bedeutung sind – und einen gestressten User nur mit einer neu eingegangenen E-Mail zu belästigen, wenn sie wirklich wichtig ist.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Thomas Pichler
Informationsflut: Gedanken sollen vorfiltern (Foto: Benjamin Thorn, pixelio.de)