Grippevirus: Gefährlicher als bisher angenommen (Foto: SPL)

Unter Verdacht: Grippevirus kann Diabetes auslösen – Bauchspeicheldrüse gutes Umfeld für Viren – Truthähne in Tests infiziert

Legnaro – Das Grippevirus steht laut der Weltorganisation für Tiergesundheit http://oie.int im Verdacht, Diabetes auszulösen. Bei einer Diabeteserkrankung nehmen die Zellen keinen Zucker aus dem Blut auf. Mögliche Ursache dafür ist, dass die Zellen ihre Empfänglichkeit für das Insulin verlieren, die Folge ist Typ-2-Diabetes. Auch kann Diabetes-Typ-1 entstehen, wobei das Immunsystem die Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört, die Insulin produzieren.Grippevirus: Gefährlicher als bisher angenommen (Foto: SPL)

 

Ursachen lange unklar

 

Zwar erben Menschen eine genetische Anfälligkeit für diese Krankheit, zusätzlich ist aber auch ein Auslöser in der Umwelt erforderlich. Seit den 1970er-Jahren vermuten Experten, dass Viren ein solcher Auslöser sein könnten, da Typ-1-Diabetes häufig nach einer Infektion auftritt. Enteroviren und Rotaviren wurden als Auslöser vermutet. Diese Infektionen könnten das Immunsystem ausreichend stören, um zu einem Angriff auf die Bauchspeicheldrüse zu führen. Das Gesamtbild blieb jedoch unklar.

Das Team um Ilaria Capua hat Truthähne mit Grippe infiziert. Diese Tiere wurden ausgewählt, da sie bei einer Grippe häufig eine entzündete Bauchspeicheldrüse haben. Das gilt auch bei Virenstämmen, die sich normalerweise nicht außerhalb der Lungen ausbreiten. Es zeigte sich, dass viele Truthähne in der Folge an einer schweren Schädigung der Bauchspeicheldrüse litten und an Diabetes erkrankten, heißt es in einem New-Scientist-Bericht.

In einem nächsten Schritt infizierten die Forscher menschliches Gewebe der Bauchspeicheldrüse mit zwei weit verbreiteten Grippeviren. Beide entwickelten sich laut Capua in dem Gewebe und auch in den insulinproduzierenden Zellen ausgesprochen gut. Entscheidend war, dass das Vorhandensein der Grippe in den Zellen der Bauchspeicheldrüse die Produktion einer Reihe von entzündungsbedingten Chemikalien auslöste, die bei den Reaktionen des Immunsystems, die zu Typ-1-Diabetes führen, von größter Bedeutung sind.

65.000 neue Fälle im Jahr

Eine Theorie geht davon aus, dass die Immunzellen Teile des infizierten Gewebes den T-Zellen präsentieren, um ihnen so zu ermöglichen, das Virus zu erkennen. Dabei lernen die T-Zellen aber auch jene Zellen zu erkennen, die Insulin produzieren und zerstören sie. Beim Menschen ist das Virus normalerweise auf die Lungen und den Darm beschränkt. Es kann jedoch manchmal ins Blut gelangen. Capua nimmt an, dass das Virus auch den Durchgang zwischen Dünndarm und der Bauchspeicheldrüse überwinden kann.

Gelangt das Virus wie auch immer in die Bauchspeicheldrüse, hat es eine gute Möglichkeit zur Ausbreitung gefunden. Die Wissenschaftlerin testet derzeit die Auswirkungen einer Grippe bei Mäusen mit Typ-1-Diabetes. Zusätzlich sucht sie bei Patienten mit einer neu diagnostizierten Diabetes nach Anzeichen einer erst kurz zurückliegenden Grippeinfektion. Details der Untersuchung wurden im Journal of Virology http://jvi.asm.org veröffentlicht.

Die Wissenschaftlerin nimmt an, dass der H1N1-Schweinegrippevirus, der noch immer im Umlauf ist, ein besonders guter Auslöser sein könnte. Ärzte aus Japan und Italien haben von vielen neuen Fällen von Typ-1-Diabetes bei Patienten berichtet, die vor kurzem eine Grippe hatten. Zusätzlich war es nach der Pandemie zu einem Anstieg von Erkrankungen an Typ-1-Diabetes gekommen. Jährlich werden weltweit rund 65.000 neue Erkrankungen mit Typ-1-Diabetes diagnostiziert. Diese Zahl steigt jedes Jahr um drei bis fünf Prozent an.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Michaela Monschein
Grippevirus: Gefährlicher als bisher angenommen (Foto: SPL)