Wien – Das Projekt „One Laptop per Child“ (OLPC) http://one.laptop.org hat im Rahmen eines Experiments zwei Dörfer in Äthiopien mit solarbetriebenen Tablets für die dort heimischen Kinder beliefert. Die Geräte sind mit einer speziellen Software ausgestattet, die den Kindern die englische Sprache näher bringen soll. Obwohl die jungen Äthiopier weder lesen noch schreiben konnten und sie keinerlei Hilfestellung von außen erhielten, haben sie in kürzester Zeit gelernt, wie die Tablets zu bedienen sind. Auch erste Erfolge beim Erlernen der englischen Sprache sind bereits zu beobachten.
Schnelle Auffassungsgabe
„Das Projekt wurde bereits im vergangenen Herbst angekündigt, der aktuelle Stand wurde soeben auf einer Konferenz in San Francisco präsentiert. Die Medienberichterstattung ist allerdings in vielen Fällen vereinfachend. Mein Eindruck ist, dass es erste vielversprechende Indikatoren gibt. Dass die Kinder sich Englisch beigebracht haben, halte ich für übertrieben. Aber das Projekt läuft erst seit wenigen Monaten und die Kinder erkennen anscheinend schon erste Buchstaben“, sagt Christoph Derndorfer von OLPC-Austria gegenüber pressetext. Ein Lerneffekt im Umgang mit der Hardware ist ebenfalls bereits zu beobachten.
Die Tablets – eines pro Kind – wurden ohne weitere Information in Kisten in die Dörfer gebracht. Es handelt sich um Geräte, die mit einem englischen Betriebssystem und spezieller Software ausgestattet sind. Durch die Daten eines installlierten Tracking-Programms können die Initiatoren des Projekts exakt verfolgen, wie die Geräte verwendet werden.
„Nach vier Minuten hat das erste Kind ein Tablet ausgepackt und auch rasch den Einschalt-Knopf gefunden, obwohl es noch nie zuvor ein solches Gerät gesehen hat. Nach fünf Tagen nutzten die Kinder im Schnitt 47 Apps pro Kopf und Tag. Nach 14 Tagen sangen die ersten Kinder englische ABC-Lieder. Nach fünf Monaten heben es die Kinder geschafft, die Kameras auf den Tablets zu aktivieren, die bei Anlieferung ausgeschaltet waren“, sagt OLPC-Gründer Nicholas Negroponte gegenüber Technology Review.
Viele Projekte
Die Lernsoftware „Nell“ übernimmt die Aufgabe, den Kindern spielerisch Englisch beizubringen. Es erzählt den Kindern interaktive Geschichten und zeigt ihnen Buchstaben und Wörter, die sie dann am Bildschirm nachzeichnen können. „Dass Menschen sich auch ohne Unterstützung die Grundlagen des Umgangs mit einem Computer beibringen können, ist bereits länger bekannt. Wie groß die Aussagekraft der bisherigen Ergebnisse des Äthiopien-Experiments ist, sei aber dahingestellt. Wie auch bei anderen Projekten von OLPC macht eine Beurteilung aber ohnehin nur nach langfristiger Beobachtung Sinn“, sagt Derndorfer.
Insgesamt hat OLPC weltweit bereits rund 2,5 Mio. günstige Laptops verteilt. „Der Schwerpunkt liegt in Lateinamerika. Uruguay ist das erste Land der Welt, in dem alle Grundschüler und deren Lehrer mit Computern ausgerüstet sind“, erklärt Derndorfer. Über die Auswirkungen des Projekts lässt sich derzeit aber noch nicht viel sagen. „Das Verteilen der Laptops allein ist noch kein Erfolg. Die Evaluation der Auswirkungen auf Bildung und Gesellschaft beginnt gerade erst. Eine Beurteilung macht bei Einschnitten ins Bildungssystem normalerweise erst nach zehn bis 15 Jahren Sinn“, betont Derndorfer.
Er selbst sei von einem positiven Einfluss auf die Entwicklung der Kinder aber überzeugt. „Die Zukunft wird noch vernetzter und digitaler sein als die Gegenwart. Darauf müssen Schulen Kinder vorbereiten. Zugang zu Hardware ist hier eine Grundvoraussetzung“, so Derndorfer.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Keßler
Tablet: bringt Kindern das Lesen bei (Foto: Wikipedia, cc Bin im Garten)