Hannover – Die Deutschen sind unzufrieden mit den Versicherungen. 40 Prozent der Bundesbürger würden sogar sofort ihre Assekuranz wechseln. Das hat eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company http://bain.com ergeben, bei der über 2.500 Versicherungskunden befragt wurden. Fazit: Die Branche muss handeln, sich auf alte Tugenden rückbesinnen und konsequent neue Technologien einbinden. Denn viele Kunden fordern Fairness, individuelle Betreuung und empathischen Service. Effizienzsteigerungen und günstige Preise helfen dabei nicht.
Verändertes Umfeld
Laut Matthias Graf von der Schulenburg, Direktor des Institut für Versicherungsbetriebslehre http://ivbl.uni-hannover.de , hat sich über all die Jahre viel verändert: Eine Phase niedriger Zinsen, dadurch erhöhter Kostendruck und schärfere Prüfungen der Schadenmeldungen. Zudem belaste ein auf 1,75 Prozent abgesenkter Garantiezins bei der Lebensversicherung, Tarifsteigerungen in der PKV, Kommunikationsprobleme bei zunehmender Dominanz des Internets sowie gestiegene Anforderungen der Regulierung durch Solvency II.
In der Folge steigt die Unzufriedenheit und Wechselbereitschaft der Kunden. „Auf einer Skala von null bis zehn, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie diese Versicherung einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“, fragte das Unternehmen. Die Antworten wurden in drei Kategorien eingeteilt: Neun oder zehn stehen für „wirklich begeisterte Kunden“, sieben und acht für eher „passiv Zufriedene“ und für sechs oder weniger Punkte werden die Testpersonen als „Kritiker“ eingestuft.
Bestandskunden wichtig
Für die Versicherungsbranche im Allgemeinen liegt der Wert bei minus acht Prozent. Schlechter als die Versicherer ist das Image der Banken, mit einem Wert von minus 13 Punkten. Im Vergleich dazu: Die Automobilindustrie steht bei plus 23 und Computerhersteller bei plus 15 Punkten. „Kundeninteraktion, Kundenloyalität und Ertragspotenzial von Versicherungsunternehmen hängen eng zusammen. Unsere Studie zeigt, dass treue Bestandskunden die wichtigsten Ertragstreiber sind, denn sie kaufen mehr Produkte, lassen Verträge länger laufen und bringen daher erheblich höhere Prämieneinnahmen“, sagt Henrik Naujoks, Autor der Studie und Partner bei Bain & Company.
Die Versicherer schätzen die Kundenerwartungen falsch ein, meinen die Studienautoren. Die Lücke zwischen den Bedürfnissen der Kunden und dem tatsächlichen Angebot müsse geschlossen werden. Die Kunden werden dann loyal, wenn sie das Gefühl haben, dass die Versicherung fair und sicher ist. „Ähnlich wie bei den Banken ist auch bei den Versicherungen eine Rückkehr zu alten Tugenden und damit traditionellen Werten überfällig“, sagt Naujoks.
Die Versicherer müssten künftig einen Spagat hinbekommen zwischen der Rückbesinnung auf alte Tugenden und dem Wunsch der Kunden nach Digitalisierung. 60 Prozent der Kunden erklärten, dass das Internet für sie künftig der wichtigste Kanal bei einer Interaktion ist, was aber keineswegs das Bedürfnis nach individueller Betreuung reduziert.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Oranus Mahmoodi
KFZ-Versicherung: Image der Anbieter stürzt ab (Foto: pixelio.de, T. Wengert)