Ergo-Fahne: Krisenmanagement gefragter denn je (Foto: ergo.com)

Betrugsverdacht: Ermittlungen gegen Ergo-Manager – Falsche Abrechnung von Riester-Verträgen – 25 Prozent mehr kassiert

Düsseldorf – Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat wegen Betrugsverdachts erste Ermittlungen gegen vier ehemalige und aktive Manager des Versicherungsriesen Ergo http://ergo.com eingeleitet. Das Geschäftsgebaren weiterer sieben Führungskräfte wird wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug ebenfalls genauer durchleuchtet. Das Unternehmen selbst gibt sich betont offensiv: „Einem Betrugsvorwurf treten wir entschieden entgegen. Ein strafrechtlich relevantes Handeln der beschuldigten Personen sehe ich nicht“, erklärt Johannes Lörper, Vorstandsmitglied der Ergo Lebensversicherung AG, gegenüber dem Handelsblatt.Ergo-Fahne: Krisenmanagement gefragter denn je (Foto: ergo.com)

 

Druckfehler holt Konzern ein

 

Die Tochter des Rückversicherers Munich Re http://munichre.com kommt einfach nicht zur Ruhe. Diese Nachricht reiht sich ein in die unrühmliche Liste vergangener Skandale rund um Sex-Reisen, Bordell-Besuche und vieles mehr (pressetext berichtete: http://pte.com/news/20120830016 ). In den Jahren 2005 und 2006 soll es, so der Verdacht der Hamburger Staatsanwaltschaft, zu tausenden fehlerhaften Abrechnungen von Riester-Verträgen gekommen sein. Laut Ergo sei dafür ein Druckfehler verantwortlich, der sich versehentlich in das Vertragswerk eingeschlichen hat.

Durch diesen Fauxpas zahlten Ergo-Kunden um 25 Prozent mehr als vorgesehen, so das Handelsblatt. Im Gespräch mit pressetext ist Konzernsprecher Alexander Becker um Aufklärung bemüht. „Es hat zwei Antragsformulare für den Riester-Vertrag gegeben. Ein korrektes und eines mit Druckfehler. Fest steht, dass die Kunden, die das fehlerhafte Formular unterzeichnet haben, gegenüber den Kunden mit dem korrekten Formular zu keinem Zeitpunkt einen monetären Nachteil hatten. Police und Tarif waren für beiden Gruppen die selben.“

Bei dem richtigen Formular sei von 16,5 Prozent einkalkulierter Kosten für den Vertragsunterzeichner die Rede gewesen, im fehlerhaften waren es allerdings 12,5 Prozent. Obwohl zahlreiche Kunden den Vertrag auf Basis der zwar fehlerhaften, aber trotzdem festgehaltenen 12,5 Prozent abgeschlossen haben, behandelte Ergo sie wie jene mit dem um vier Prozentpunkte höher angesetzten Vertrag. Einer der Betroffenen erkannte dies im Oktober 2005 und reklamierte den Fehler. Er wurde mit der Differenz entschädigt, die anderen nicht.

Erst 2011 – also sechs Jahre später – erfuhr ein großer Teil der restlichen 12.000 Kunden Gerechtigkeit und wurde aufgrund des medialen Drucks ebenfalls entschädigt. Circa ein Viertel dieser Kunden hatte den unterschriebenen Vertrag aber mittlerweile storniert oder den Anbieter gewechselt. Der durch niedrigere Übertragungs- oder Rückkaufswerte entstandene Schaden führt nun zu dem Verdacht eines „vollendeten Betrugs“ laut Paragraph 263 StGB in insgesamt 3.552 Fällen.

Vorstandschef überraschend weg

Warum der Konzern so lange nichts unternommen hat, ist unklar. Ludger Griese war bis zum 30. September Chef des Ergo-Vorstandes. Laut internen Unterlagen soll er bereits seit November 2005 von der fehlerhaften Abrechnung gewusst haben, gehandelt hat er allerdings nicht. Ob und in welchem Zusammenhang das Aktiv-werden der Staatsanwaltschaft mit dem plötzlichen Abgang Grieses steht, ist derzeit Gegenstand von Spekulationen. Auch Becker will sich gegenüber pressetext dazu nicht äußern. Lörper sagt selbstkritisch: „Schon als der Fehler im Herbst 2005 bekannt wurde, hätten wir reagieren müssen.“

Als möglichen Grund für die jahrelange Verschleppung der Aufklärung bringt ein nicht näher genannter Ergo-Abteilungsleiter die mangelnde Praktikabilität ins Treffen. „Ich persönlich habe den Eindruck, dass man auch gar nicht so genau alle Fälle wissen will, da eine Korrektur nur händisch mit erheblichem Aufwand möglich ist.“ Wann die Ermittlungen abgeschlossen werden, ist ungewiss. Im schlimmsten Fall drohen bei einer Anklage bis zu fünf Jahre Haft.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Sebastian Köberl
Ergo-Fahne: Krisenmanagement gefragter denn je (Foto: ergo.com)