Hanoi – Die Bedingungen für Wachstum in Vietnam bleiben suboptimal. To Linh Huong, die Tochter eines Mitgliedes des Politbüros der kommunistischen Partei, hat im April dieses Jahres mit nur 24 Jahren und einer abgeschlossenen Journalistenausbildung die Leitung einer staatlichen Baufirma übernommen. Kritiker sehen das als weiteren Beweis für Nepotismus und schlechtes Management. Vor allem Premierminister Nguyen Tan Dung, der 2011 wiedergewählt wurde, steht massiv in der Kritik.
Öffentlichkeit durch Internet
Wie auch in China hat die politische Führung in Vietnam Probleme damit, ihre Botschaft von sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit mit der Realität einer reichen Elite voller Privilegien zur Deckung zu bringen. Die Kluft zwischen Armut in ländlichen Regionen und Reichtum in den Städten wird immer größer. Zudem ist inzwischen ein Jahrzehnt immensen wirtschaftlichen Wachstums zu Ende gegangen. Die Zukunftsperspektiven für Menschen mit geringem Einkommen, aber auch der Mittelklasse, werden dadurch immer düsterer.
„Bis jetzt war das Wirtschaftswachstum wunderbar und Reichtum großartig“, betont auch Carlyle A. Thayer, ein auf Vietnam spezialisierter Politikexperte. „Heute nehmen die Ressentiments vor allem bei denen zu, die nichts haben.“ Ein Großteil der Wut konzentriert sich auf die vietnamesische Version der kapitalistischen Vetternwirtschaft, also den engen Verbindungen zwischen Industriemagnaten und hochgestellten Parteimitgliedern. Die Kritik wurde dank des Internets öffentlich. Kritikern und Aktivisten gelang es, so die Zensur zu umgehen.
Präsident übt sich in Selbstkritik
Als die Kritik stärker wurde, sind einige der Verwandten von Mitgliedern des Politbüros zurückgetreten. Huong gab ihren Job bereits im Juni auf und auch die Tochter des Premierministers beendete ihren Vertrag mit einer privaten Bank. Die offiziellen Stellungnahmen dazu sind defensiv. Präsident Truong Tan Sang übte sich vor kurzem in einem Artikel in den staatlichen Medien in Selbstkritik und fand deutliche Worte über das Versagen und die mangelnde Effektivität der Staatsunternehmen, über den Verfall der politischen Ideologie und Moral.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Michaela Monschein
Kühlerfigur: Reichtum bleibt Traum für viele (Foto: pixelio.de, Alexandra H.)