Rom/Eppstein – Die italienische Regierung will nun die eigene Wirtschaft vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland und das Land somit vor einem drohenden Ausverkauf schützen. Hohe Zinsen auf Kredite, geringe Eigenkapitalquoten sowie fallende Aktienkurse machen zahlreiche Unternehmen zu potenziellen Übernahmekandidaten für ausländische Investoren. Ein diesbezüglicher Vorschlag zum Schutz strategisch bedeutsamer Firmen liegt dem Expertenkabinett unter der Führung von Mario Monti bereits vor.
„Outlet Italia“
Bei dem Plan, ein „Outlet Italia“ zu verhindern – wie es der Corriere della Sera jüngst nannte – muss sich Rom allerdings an geltendes EU-Recht halten. „Die gesetzlichen Vorgaben aus Brüssel limitieren den Handlungsspielraum der Regierung Monti nicht unerheblich. Nur wenn wirklich ein vitales, nationales Interesse besteht, kann von staatlicher Seite gegen eine ausländische Übernahme vorgegangen werden“, erklärt Heino Ruland, Finanzmarktexperte von der gleichnamigen Ruland Research http://ruland-research.com , im Interview mit pressetext. Als Beispiele dafür sieht er große Konzerne aus der Rüstungsbranche oder wichtige Energieversorger. In erster Linie handelt es sich bei diesem Schritt allerdings um ein verbales Kommitment, so Ruland
Industrielles Herzstück in Familienbesitz
Der Plan sieht konkret vor, der Regierung besondere Rechte im Fall von Beteiligungen oder Übernahmen einzuräumen falls ein schwerer Schaden für die Interessen der Verteidigung oder der nationalen Sicherheit droht. Der Rüstungsriese Finmeccanica http://www.finmeccanica.it sowie der Schiffsbauer Fincantieri http://www.fincantieri.it dürften dabei im Zentrum der Schutzmaßnahmen stehen. Das Herzstück der italienischen Industrie befindet sich jedoch in Familienbesitz und ist nicht börsennotiert, wodurch es von ausländischen Investoren ohnehin schwer zu knacken ist, gibt der Experte zu bedenken.
Italien ist auch für deutsche Unternehmen ein interessanter Markt. Nach Einschätzung von Volker Treier dürfte es künftig zwischen deutschen und italienischen Unternehmen vor allem zu Label-Kooperationen kommen. Der stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammern http://www.dihk.de begründet das damit, dass Italien auf der Produktionsseite bei der Suche nach Investitionsmöglichkeiten nur einen schwachen Anreiz bietet. Für Label-Kooperationen kommen insbesondere der Maschinenbau, Autozulieferer aber auch die Mode- und Lebensmittelindustrie in Frage.
Griechenland braucht „industrielle Basis“
Bei all den Sorgen, die die griechische Wirtschaft derzeit plagen, muss sich Hellas nicht vor feindlichen Übernahmen fürchten. Als Produktions- und Investitionsstandort ist Griechenland schlicht zu unattraktiv. „Es fehlt in dem Land eine vernünftige industrielle Basis, was mit strukturellen und logistischen Problemen einhergeht. Auch wichtige und notwendige Investitionen in den Tourismus blieben in den vergangenen Jahren aus“, so Ruland.
Eine Strukturreform wird den griechischen Arbeitsmarkt auf absehbare Zeit ebenfalls wohl kaum entlasten können. Nur ein gezielter Ausbau des Industriesektors wird eine langfristige Umstrukturierung ermöglichen. Einer der gravierendsten Fehler der krisengebeutelten Volkswirtschaften in Südeuropa liegt allerdings bereits in der Zeit vor der Euro-Einführung. „Man hat sich über Jahrzehnte hinweg nicht auf einen internationalen Wettbewerb eingelassen und sich stattdessen hinter einer fallenden Währung versteckt“, kritisiert der Experte. Die Rechnung dafür bekommen Griechenland, Spanien und Co nun serviert.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Sebastian Köberl
Colosseum: antikes Erbe kann Probleme nicht lösen (Foto: pixelio.de, thopix)