Sardinien ist reich an Bodenschätzen, Kultur- und Naturschätzen. Erst in den letzten Jahrzehnten haben Archäologen die antiken Kulturen der sardischen Völkerschaften ausgegraben, so etwa die Ozieri-Kultur aus der Jungsteinzeit (3.300-2.700 v. Chr.) mit faszinierenden Kultstätten. Foto: Eine Reihe von 20 Menhiren in Ost-West-Richtung

Sardinien: Steinerne Zeugen reicher Vergangenheit – Tourismusinsel hat neben Stränden zahlreiche archäologische Highlights zu bieten

Cagliari – Als der sardische Archäologe Giovanni Lilliu in den 50er-Jahren aus einem überwachsenen Erdhügel im Landesinneren bei Barumini die mächtige steinerne Nuraghen-Festung „Su Nuraxi“ ausgrub, staunten seine Landsleute nicht schlecht. Worüber lange Zeit nur spekuliert wurde, trat mit einem Mal glasklar ans Tageslicht. Die in der antiken Welt einmaligen, über die ganze Insel Sardinien verstreuten „Steinhäufen“ waren Bestandteil einer hochentwickelten Kultur, die ihren Ursprung im Abbau und Handel von Bodenschätzen quer durch den Mittelmeerraum hatte.Sardinien ist reich an Bodenschätzen, Kultur- und Naturschätzen. Erst in den letzten Jahrzehnten haben Archäologen die antiken Kulturen der sardischen Völkerschaften ausgegraben, so etwa die Ozieri-Kultur aus der Jungsteinzeit (3.300-2.700 v. Chr.) mit faszinierenden Kultstätten. Foto: Eine Reihe von 20 Menhiren in Ost-West-Richtung

 

Bauern und Bergarbeiter als Helden der Antike

 

1997 wurde Su Nuraxi in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war der Höhepunkt der Ausgrabungen in Sardinien bereits überschritten. Über 7.000 Nuraghen-Festungen, Türme und Siedlungen sind inzwischen dokumentiert, und die kunstvollen „Bronzetti“-Figuren der Nuraghen-Kultur weltberühmt. Allein um Barumini gibt es über 30 Festungen, doch bis heute weiß man nicht genau, welche tiefere Bedeutung diese Bauten hatten, die mittelalterlichen Burgen ähneln. Neben offensichtlich militärischen Bauten gibt es Brunnenheiligtümer, heilige Quellen und kleine Tempel ebenso wie Grabstätten bis hin zu den Riesengräbern.

Der außergewöhnliche architektonische Fußabdruck, den die Nuraghen zwischen 1800 und 500 v.Ch. hinterließen, war auch dank der Beschaffenheit des Geländes möglich, das die entsprechenden Baumaterialien lieferte: vulkanischen Basalt, Trachyt und Kalkstein sowie Granit und Sandstein, aber auch die nötigen Bodenschätze: mineralhältige Erze, Blei, Zink, Kupfer und Eisen. Die Ansiedlungen befanden sich vor allem auf Hügeln und Hochebenen in der Nähe von Quellen oder Wasserläufen. Überragend neben dem Bauhandwerk, den keramischen Erzeugnissen und Steinstatuen war die Verarbeitung von Bronze und Eisen zu Waffen, Schmuck und Gegenständen des Alltagsbedarfs.

Über die Bautechniken herrscht bis heute Unklarheit, zumal es auch keine Schrift und keine sonstigen Bildnisse gibt. Die großen Gesteinsmassen wurden allerdings unter großem Kraftaufwand, wahrscheinlich unter Zuhilfenahme von Ochsengespannen zum Bauplatz antransportiert und dann in waagrechten Reihen zu einem Trockenmauerwerk aufgetürmt, ohne Einsatz von Mörtel oder Zement. Man vermutet die Verwendung von „schrägen Ebenen“, die auf Holzgestellten auflagen, die ihrerseits fest im Boden verankert waren. Bei Su Nuraxi ist der Hauptturm heute noch 14 Meter hoch, ursprünglich wies er sogar eine Höhe von knapp 20 Metern auf.

Frühgeschichtliche Ozieri-Kultur

Nicht weit von Barumini entfernt, ebenfalls im Südosten Sardiniens, liegt die Ortschaft Goni. Von dort erreicht man per Auto binnen Minuten die bedeutende frühgeschichtliche Gräberanlage von „Pranu Muttedu“. Dieser Archäologische Park von rund 20 Hektar Größe, ebenso auf einer Hochebene gelegenen, zählt zu den imposantesten Steinzeugen der Ozieri-Kultur aus der Jungsteinzeit. Das spätneolithische Gelände (3.200-2.800 v. Chr) wurde erst in den 80er-Jahren entdeckt und Zug um Zug freigelegt – mit überraschenden Ergebnissen: Über 60 Menhire zählt der Park, die paarweise, reihenweise oder auch gruppenweise aufgestellt sind, umgeben von alten Korkeichen, außerdem grandiose Grabanlagen aus Stein, sogenannte „Domus de Janas“, zum Teil in Fels gehauen.

Kultur auf Schritt und Tritt

Sardinien bietet auf 24.000 Quadratkilometern Kultur auf Schritt und Tritt. Die Insel im Mittelmeer war seit dem Ende der Eiszeit vor 10.000 Jahren besiedelt. Mit der Ozieri-Kultur und ihren Ackerbaugemeinschaften erlebte das Land seine erste große Blüte, die bronzezeitliche Nuraghen-Kultur markiert eine Glanzperiode, mit einzigartigen Bauwerken und hochentwickeltem Handwerk sowie regen Handelsbeziehungen bis in den östlichen Mittelmeerraum. Während der Palast von Knossos in Kreta und die mykenische Kultur erblühten, lieferten die Nuraghen bereits Waffen und Schmuck. Die Phönizier gründeten später die ersten Handelshäfen auf Sardinien, die Punier eroberten die Insel, bis die Römer kamen. Auch in der Neuzeit war es der Erzreichtum, der dem Land mehr Fluch als Segen brachte, unter anderem Araber, Spanier und Genuesen. So ist auch die sardische Sprache ein bunter Mix vieler Einflüsse.

Heute arbeiten zwei Drittel der erwerbstätigen Sarden im Dienstleistungssektor, immerhin knapp ein Viertel im Baugewerbe oder in der Industrie. Die Landwirtschaft hat noch einen Anteil von knapp 9 Prozent. Sardinien verzeichnet mit 16.300 Euro das höchste Pro-Kopf-Einkommen aller Regionen im strukturschwachen Süden Italiens. Exportiert werden Erdöl- und Korkprodukte sowie Lebensmittel. Auch wenn das Jahr 2012 touristisch „schwächelt“, gut die Hälfte der zehn Mio. Besucher jährlich kommt vom italienischen Festland, danach folgen Deutsche, Franzosen und Briten. Rund 6,5 Prozent sind im Tourismus beschäftigt. Der einst für den Reichtum so wichtige Bergbau kam übrigens Mitte des 20. Jahrhunderts vollständig zum Erliegen. Dafür gibt es jetzt viele Schaubergwerke http://minieredisardegna.it – und natürlich die Küsten …

Archäologie Sardiniens im Überblick: http://www.mondosardegna.net/ger/index.php

Tourismus auf Sardinien: http://de.sardegne.com/sardinien-info/ und http://www.sardegna.com/de/tourismus-in-sardinien/

http://www.sardinien-netz.com/168/sardiniens-wirtschaft/tourismus-sardinien.html

Urlaub am Bauernhof: http://www.agriturismo.it/de/bauernhof/sardinien

Für Radtouren: http://www.sardatour.com/html/Radsportferien.htm

Offizielle Tourismus-Seite: http://www.sardegnaturismo.it/

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Ansprechpartner: Dr. Wilfried Seywald
Foto: Eine Reihe von 20 Menhiren in Ost-West-Richtung