Los Angeles/Lindau – Der Mars besitzt tektonische Platten, die sich in der Vergangenheit gegeneinander verschoben haben könnten. Das behauptet der Planetenforscher An Yin von der University of California in Los Angeles http://ucla.edu im Fachjournal „Lithosphere“. „Die primitive Plattentektonik des Mars zeigt uns, wie die Erde früher ausgesehen haben mag. Vielleicht bebt es sogar noch auf dem Mars“, so der Forscher. Seine These ist kühn, geht doch die Wissenschaft bisher davon aus, dass Plattentektonik nirgendwo anders im Sonnensystem existiert als auf der Erde.
Nord- und Südplatte
Yin verglich über 100 Satellitenbilder des NASA-Programms THEMIS sowie von der Kamera HIRISE auf der Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“. Viele der beobachteten Merkmale ähneln stark dem Bruchsystem, das man im Himalaja, am Toten Meer oder in Kalifonien findet, bis hin zur Geomorphologie, sagt der Forscher. Dazu gehören etwa Mauern von Gräben oder steile Klippen, die Ergebnisse von Bruchlinien seien. Als „typisch für Plattentektonik“ bezeichnet Yin auch die linear angeordnete Vulkanzone.
Besonderes Augemerk widmete Yin dem Grabensystem Valles Marineris, das das tiefste und mit 4.000 Kilometern Gesamtlänge auch längste seiner Art im Sonnensystem ist. Dessen Entstehung, die bisher als Rätsel galt, führt Yin auf Plattenverschiebung zurück: 150 Kilometer könnten sich die zwei Platten – die er bereits als „nördliches“ und „südliches“ Valles Marineris bezeichnet – horizontal verschoben haben. Das ist nur halb so weit wie beim kalifornischen St.-Andreas-Graben, doch ist die Erde auch zweimal größer als der Mars.
Viele Fragen ungeklärt
Freilich ist die „Eierschale“ der Erde weitaus zersplitterter und besitzt folglich mehr Platten. „Zerbrochen ist der Mars bisher noch kaum, doch könnte ihm das in Zukunft bevorstehen. Die antreibende thermale Energie ist jedoch viel geringer, und deshalb vielleicht auch die Geschwindigkeit dieses Vorgangs. Gut möglich, dass der Mars nur einmal alle paar Millionen Jahre erwacht.“ Viele Fragen bleiben aber ungeklärt – etwa, wie tief die Platten liegen, warum oder wie schnell sie sich bewegen – und ob die Tektonik jener der Erde ähnelt.
„Die Studie stellt fest, dass es auf dem Mars eine sinistrale Blattverschiebung gab, die man auf der Erde auf Plattentektonik zurückführen könnte“, beurteilt Walter Götz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung http://www.mps.mpg.de die Ergebnisse. Globale und länger andauernde Plattentektonik habe es auf dem Mars wohl nie gegeben – „oder es wird zumindest sehr schwer fallen, eine derartige Hypothese wissenschaftlich plausibel zu machen“, so der Planetenphysiker.
Abstract der Studie unter http://bit.ly/MGQNtl
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Johannes Pernsteiner
Valles Marineris: Möglicher Hinweis auf frühere Beben (Foto: Google Mars/MOLA)