Wien – Das US-Unternehmen Digital Reasoning http://digitalreasoning.com hat eine lernfähige Software entwickelt, die in unstrukturierten Texten wie E-Mails, Tweets und anderen Dokumenten nach Anzeichen für unethisches Verhalten und kriminelle Aktivitäten sucht. Damit soll es Banken ermöglicht werden, potenzielle Skandale frühzeitig zu entdecken und im Keim zu ersticken. In Sondierungsgesprächen mit großen Finanzinstituten in den vergangenen Monaten soll bereits reges Interesse für das Produkt bekundet worden sein. Kritiker sehen in der Software aber lediglich ein Feigenblatt, das die eigentlichen Probleme verdeckt.
Kein Heilmittel
„Jedes Unternehmen muss entscheiden, ob es seine Mitarbeiter führen oder bespitzeln will. Der Einsatz einer solchen Software weist darauf hin, dass die formellen und informellen Strukturen auseinanderklaffen. Informelle Strukturen, die Fehlverhalten begünstigen, sind immer gewollt. Die Software dient also nur als Alibi, um die Außenwahrnehmung zu verbessern. Bespitzelung kann einen korrupten Apparat einige Jahre stützen, irgendwann kolabiert das System aber. Nur eine saubere Führung kann solche Probleme lösen“, sagt Unternehmensberater Bernd Höhne http://www.jobdot.de gegenüber pressetext.
In einem durchschnittlichen Finanzinstitut werden jährlich zwischen ein und drei Mio. E-Mails verschickt, wie mashable.com berichtet. In dieser massiven Anhäufung von Daten verstecken sich laut Digital Reasoning oft Hinweise auf unerlaubte Handlungen. Durch frühzeitiges Erkennen von Betrug, Insiderhandel oder unethischen oder illegalen Beratungsgesprächen können dich Banken enorme Summen ersparen. Anhörungen im US-Senat haben beispielsweise ergeben, dass Angestellte von Goldman Sachs in E-Mails schon früh damit angegeben haben, Klienten schlechte Anlagen verkauft zu haben.
Automatischer Alarm
Die Algorithmen von Digital Reasoning durchsuchen und lesen enorme Mengen von E-Mails und versuchen die Bedeutung von Sätzen mit statistischen Modellen zu erfassen. Dann wird nach Beziehungen zwischen Wörtern und Sätzen gesucht. Die Ergebnisse können entweder manuell durchforstet werden, oder die Software wird so eingestellt, dass die Alarmglocken bei voreingestellten Ergebnissen automatisch klingeln. Der ganze Prozess kann also vollständig automatisiert werden.
Chris Conde, einflussreicher Technologieberater in der Finanzbranche, ist überzeugt, dass die Banken solche Programme brauchen. Die Finanzinstitute seien was die Analyse der wachsenden Berge von Daten, die nicht in Tabellen passen oder direkt mit Transaktionen zu tun haben, weit hinter dem aktuellen Stand der Technik zurück.
„Einzelfälle wird die Software nur schwerlich finden können. Bei verbreiteten Missbrauchsfällen kann das Programm vielleicht frühzeitig Hinweise geben, dann zeigt es aber nur, was die Verantwortlichen ohnehin schon wissen. Verkaufen lässt sich ein solches Programm aber sicherlich trotzdem, als gerne genutzter Deckmantel“, so Höhne.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Keßler
Banken: sollen Ärger in E-Mails suchen (Foto: pixelio.de, Martina Taylor)