Stockholm – Schallwellen mit Amplituden, die nur wenige Prozent des Protonenradius betragen: das können Forscher an der Chalmers University of Technology in Schweden mittels eines neuen Detektors messen. Ihr sogenannte „Quanten Mikrofon“ passt auf einen Chip, der nur etwas über einen halben Zentimeter lang ist. Damit der Detektor funktioniert, muss er auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gebracht werden. Auf den minimalen Größenskalen beginnen die mechanischen Schallwellen den Gesetzen der Quantenwelt zu gehorchen. Damit nähern sich die Forscher dem leisestmöglichen „Geräusch“ an, dem sogenannten „Phonon“. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Nature Physics“ veröffentlicht.
Nicht hörbar
Für Menschen sind die Schallwellen, die in Schweden untersucht werden, nicht nur wegen ihrer äußerst geringen Lautstärke nicht hörbar. Die Frequenz der Wellen beträgt beinahe ein Gigahertz, der entstehende Ton befindet sich 21 Oktaven über dem eingestrichenen A. „Der menschliche Hörbereich liegt etwa zwischen 20 Hertz und 20 Kilohertz. Die Membran im Ohr ist sehr flexibel und reagiert schon auf Auslenkungen in Bereich des Durchmessers eines Wasserstoff-Atoms. Als Schall werden aber auch mechanische Wellen mit winzigen Amplituden bezeichnet“, sagt Reinhard Weber von der Karl von Ossietzky Universität Oldenburg http://uni-oldenburg.de gegenüber pressetext.
Die Wellenlänge beträgt lediglich drei Mikrometer. Das Quantenmikrofon besteht aus einem Einzelelektronentransistor, mit dem winzige Spannungsänderungen detektiert werden können. Bei den winzigen Schallwellen handelt es sich um akustische Oberflächenwellen – mechanische Störungen, die sich auf der Oberfläche des Chips, unter dem Detektor, ausbreiten.
Quanten-Effekt
Bei der Bewegung durch die Atome des Halbleiters verändern die Schallwellen deren Ladung, was der extrem sensible Detektor registriert. Auf dem Chip pflanzt sich der Schall zehn Mal schneller fort als in der Luft. Erzeugt werden die Mini-Schallwellen von zwei winzigen Aluminium-Konen, die über ein elektrisches Feld verbunden werden. Auf dem Chip befindet sich zudem eine drei Millimeter lange Echokammer, in der die Schallwellen hin und her geworfen werden. So können die Forscher mit Gewissheit sagen, dass es sich um akustische Wellen handelt.
Die Forschungsergebnisse könnten in Zukunft zu hybriden Schaltkreisen mit elektronischen und akustischen Komponenten führen. Ein Einsatz zur Informationsübertragung in künftigen Quantencomputern wäre theoretisch ebenfalls denkbar. Zudem geben die Experimente den Wissenschaftlern weiteren Einblick in die Quantenwelt. In Zukunft wollen die Forscher sogar Phononen messbar machen, die kleinstmögliche Abweichung von absoluter Stille. „Der Impuls eines Moleküls oder Atoms muss so stark sein, dass er die Nachbarn erreicht, sonst entsteht keine Schallwelle“, so Weber.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Keßler
Quanten-Mikrofon mit Schallwellen (Foto: Philip Krantz, Chalmers)