Preisgestaltende Maschine: macht Ärger (Foto: pixelio.de, Kathrin Antrak)

Maschinelle Preisgestaltung bedroht Amazon-Händler – Algorithmen können durch Fehler extreme Preisfluktuationen verursachen

Seattle – Bei Amazon wächst die Zahl der Händler, die ihre Preisgestaltung Algorithmen überlassen, wie die Financial Times berichtet. Amazon selbst setzt schon lange auf automatisierte Systeme. Die Software kommt oft von Drittanbietern und stammt oft aus der Finanzindustrie, wo ähnliche Software im Hochgeschwindigkeitshandel zum Einsatz kommen. Je mehr Computer an der Preisgestaltung bei Amazon beteiligt sind, desto volatiler wird das Gefüge. Mittlerweile ändern sich viele Angebote im 15 Minuten-Takt, weil die Algorithmen automatisch aufeinander reagieren. Die Wechselwirkungen können mitunter zu extremen Ausschlägen nach unten oder oben führen.Preisgestaltende Maschine: macht Ärger (Foto: pixelio.de, Kathrin Antrak)

 

Schnödes Buch kostet Millionen

 

Fehlfunktionen in den Algorithmen können mitunter katastrophale Auswirkungen haben. Ein Blitz-Crash an der US-Börse im Jahr 2010 ließ einige Aktion abrupt auf beinahe Null absacken, weil die Algorithmen fehlerhaft reagiert haben. 20 Minuten später hatten die Kurse wieder ihren normalen Wert erreicht. Vor solchen Schwankungen ist auch Amazon nicht gefeit. Im vergangenen Jahr kletterte der Preis für das Genetikbuch „The Making of a Fly“ auf stolze 23 Mio. Dollar, weil die Preisgestaltungsprogramme nicht funktionierten, wie Blogger Michael Eisen berichtete. Für betroffene Händler können so schnell Umsatzeinbußen entstehen.

Schlimmer ist es allerdings, wenn der Preis in die andere Richtung ausschlägt. So kann durch einen fehlerhaften Algorithmus schnell der ganze Lagerbestand weit unter Wert verschleudert werden.

„Menschen treffen ungern Entscheidungen. Heute wird die Verantwortung oft vom Individuum auf Prozesse oder Computer verlagert. Computern die Entscheidungsgewalt im Handel zu geben, ist als ob ein Fahrzeug mit abgeklebter Frontscheibe nur durch den Blick in den Rückspiegel gesteuert wird. Das geht, solange keine unerwarteten Hindernisse auftauchen, aber niemand kann die Zukunft voraussagen. Mathematik ist da nicht besser als Knochen werfen“, so Unternehmensberater Bernd Höhne http://jobdot.de gegenüber pressetext.

Menschen fördern

Die Hersteller der Algorithmen versichern, dass ihre Produkte lernfähig sind und sich mit der Zeit selber verbessern. „Die im Finanzwesen und im Handel zur Anwendung kommende Software ist teilweise von mangelnder Qualität. Gerade in kritischen Bereichen müsste ein unabhängiges zweites Programm die Ergebnisse prüfen und bei Überschreitung von Grenzwerten sollte ein Mensch eingreifen. Dann ginge aber eine Menge Zeit und damit auch Geld verloren, deshalb traut sich niemand etwas zu unternehmen“, sagt Höhne. Er empfiehlt Unternehmen, die Entscheidungskompetenzen wieder zum Menschen zu verlagern und zu fördern.

„Algorithmen können eine zeitlang gut funktionieren, solange sich die erforderlichen Werte innerhalb eines definierten Bereichs befinden. Ändern sich die Werte aber, kommt es zum Crash. Dass das über einen langen Zeitraum nicht verlässlich funktioniert, ist klar wie Kloßbrühe. Durch das blinde Vertrauen in Computer werden wir immer zu dem, was wir vor ein paar Jahren noch belächelt haben: Apparatschiks im Kommunismus. Die Menschen sollen wieder Entscheidungen treffen dürfen und auch die Möglichkeit erhalten, das zu tun. Intuitive Intelligenz ist in vielen Fällen der beste Ratgeber“, sagt Höhne.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Markus Keßler
Preisgestaltende Maschine: macht Ärger (Foto: pixelio.de, Kathrin Antrak)