Leipzig – Tattoos sind das Modethema Nr. 1 der aktuellen Fußball-EM. Die Nachahmung der Symbole, Schriftzüge und Glücksbringer, die man auf Körperteilen gleich mehrerer Spieler jedes Teams findet, kann jedoch ins Auge gehen: „Für Jugendliche sind Tattoos oft Mutproben oder Zeichen von Rebellion. Viele bereuen das Bild in der Haut jedoch später – mitunter deshalb, da sie im Beruf darunter leiden“, erklärt die Etikette-Expertin und Ethnologin Nandine Meyden http://etikette-und-mehr.de im pressetext-Interview.
Boom ab Kindergarten
Prominente Sportler sind Trendsetter, betont Meyden. „Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich Tattoos in ihrer Bedeutung weg vom Seemann- und Knastimage entwickelt haben und nun sogar auf den internationalen Laufstegen zu sehen sind.“ Im vergangenen Jahrzehnt setzte in Deutschland ein wahrer Boom ein: Von 2003 bis 2009 stieg der Anteil tätowierter Männer zwischen 25 und 34 Jahren von 22 auf 26 Prozent, bei Frauen sogar von 14 auf 25 Prozent. „Der Anfang machen heute die Abziehbilder im Kindergarten“, sagt die Expertin.
Vergessen wird dabei jedoch oft, dass Tattoos bisher in keiner Kultur bloße Dekoration waren, sondern immer Zugehörigkeit und Abgrenzung signalisieren. Deshalb irre der, der Tattoos oder deren Motive für bedeutungslos hält. „Auch wenn es nur der Name der Freundin oder ein harmloses Symbol ist, wird dies von anderen immer als Aussage interpretiert – der Stehsatz ‚Man kann nicht nicht kommunizieren‘ trifft hier eindeutig zu.“ Sind Tattoos auch bei Jüngeren akzeptiert, sorgen sie bei Älteren häufig noch für Milieu-Beigeschmack.
Bremse für das Weiterkommen
Diese Fremddeutung hat oft konkrete Folgen. Zwar gibt es hierzulande keine Regelungen wie etwa in Japan, wo die traditionellen Sento-Badehäuser Tätowierten den Zutritt verwehren, doch kann verzierte Haut mitunter auch dem Berufsleben schaden. „Ein Tattoo kann die Vertrauenswürdigkeit und Integrität einer Person in den Augen anderer senken. Besonders gilt das in Branchen, die mit hohen Geldbeträgen, hochwertigen Gütern oder Services umgehen: Im Banken- und Versicherungswesen, beim Consulting oder bei Top-Maklern etwa.“
In der Praxis verlangen Firmen von ihren Mitarbeitern häufig, im Kundenkontakt etwaige Tattoos nie sichtbar werden zu lassen, berichtet die Knigge-Expertin. „Es wäre ein Trugschluss zu glauben, man könne nach drei Jahren im Betrieb bei einer Casual-Veranstaltung darauf verzichten und im Polohemd Tattoo zeigen. Wenn es nicht zur Unternehmensphilosophie passt, kann die Tätowierung zwar rechtlich kaum die Entlassung verursachen, jedenfalls aber eine Karrierebremse sein.“
Unschön auf alter Haut
Jugendlichen rät Meyden, gut zu überlegen, an welcher Körperstelle ein dauerhaftes Tattoo gestochen werden soll und ob diese Entscheidung auch in Hinblick auf den späteren Werdegang vertretbar ist. „Viele bereuen ihre Tattoos nach Jahren – nicht zuletzt, da sie auf alternder Haut nicht mehr gut aussehen und ein Entfernenlassen teuer und riskant ist.“ Als weniger problematische Alternative sieht die Expertin temporäre Henna-Tattoos.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Johannes Pernsteiner
Tätowierung: Zuvor gut überlegen, rät Expertin (Foto: Flickr/Hache)