„Alle Umweltminister wollen die Energiewende und alle wollen sie aus eigener Kraft schnellst- und bestmöglich unterstützen“, so brachte Robert Habeck, Schleswig-Holsteins Energie- und Umweltminister, die Ergebnisse der 78. Umweltministerkonferenz (UMK) vom 21. bis 22. Juni in Schleswig auf den Punkt.
Die Umweltministerinnen und -minister sehen in der von der Bundesregierung beschlossenen Energiewende eine nationale, ja europäische Aufgabe. Sie müsse jetzt beschleunigt werden und an ihrem Ende muss eine sichere, klimafreundliche und möglichst kostengünstige Energieversorgung stehen. Viele aktuelle Probleme wurden intensiv diskutiert, etwa die Frage, wie weit der Bund den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze in den Ländern koordinieren soll. Für den UMK-Vorsitzenden Habeck ist klar, dass die erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung und -einspeisung Vorrang vor anders produziertem Strom haben müssen. Der schnelle Netzausbau sei unerlässlich für den weiteren schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien.
Hierzu sieht die UMK den Bedarf für eine intensivere Abstimmung zwischen den zuständigen Umwelt- und Energieministern in Form regelmäßiger Treffen zur Verständigung in der Energiepolitik. Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich weist darauf hin, dass „mit Blick auf die Entwicklung der Energiepreise die Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt über Energieeffizienzmaßnahmen und die Möglichkeiten des Versorgerwechsels aufgeklärt werden“. Die UMK bittet die Bundeslandwirtschaftsministerin, Mittel zur Förderung verbraucherbezogener Energieeffizienzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Um die Klimaziele des Bundes und der Länder zu erreichen, müsse die Energieeffizienz generell gesteigert werden. Die Stromerzeugung solle künftig besser an den aktuellen Verbrauch angepasst werden. Zudem braucht man mehr Speicherkapazitäten. Dazu sollen neue Technologien entwickelt und entsprechende Förderprogramme des Bundes aufgestockt werden.
Die Umweltministerinnen und -minister waren sich auch einig, dass der Bau und die Anbindung von Stromnetzen zu den Windparks auf offener See zügig und im Gleichschritt mit dem Bau von Stromautobahnen nach Süddeutschland erfolgen muss. Die vier kommerziellen deutschen Stromnetzbetreiber sollen ihren im Mai vorgelegten Netzentwicklungsplan bis Oktober um einen ambitionierten Zeitplan ergänzen. Gelingt ihnen dies nicht, sollte die Bundesregierung die Einrichtung einer staatlichen Bundesnetzgesellschaft prüfen. UMK-Vorsitzender Habeck: „Der Ausbau der Stromnetze und damit der Erfolg der Energiewende darf nicht von der Kompetenz, Finanzkraft oder Unternehmenspolitik einzelner Netzbetreiber abhängig sein.“
Intensiv diskutierten die Umweltministerinnen und -minister, wie möglichen Stromengpässen begegnet werden kann, etwa an windstillen, dunklen Tagen im Winter. Technisch geeignet wären neue Stromleitungen, flexible und hocheffiziente Kraftwerke, Speicher und Lastmanagement. Ein wirtschaftliches Steuerungsinstrument könnten so genannte Kapazitätsmechanismen sein, die auf Wunsch der UMK zügig untersucht werden sollen.
Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien haben Presseberichten zufolge in einem Schreiben an die EU-Kommission darauf gedrängt, die Atomenergie auf EU-Ebene als emissionsarme Technologie einzustufen um sie ebenso zu fördern wie erneuerbare Energien. Diesem Ansinnen soll die Bundesregierung eine klare Absage erteilen. Sie soll bei der EU-Kommission auch dafür eintreten, dass europaweit einheitliche Haftungsregeln für Atomkraftwerke gelten, die möglichen Risiken tatsächlich entsprechen.
Die UMK hat sich für ein Verbot des Einpressens von Flüssigkeiten bei der Förderung von Erdöl und Erdgas (Fracking) in Trinkwasserschutzgebieten ausgesprochen. Die UMK sieht das Fracking zur Aufsuchung unkonventioneller Erdgaslagerstätten kritisch, soweit sie mit nachteiligen Veränderungen der Umwelt, insbesondere des Wassers verbunden sind. Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich zeigt sich als Sprecherin der CDU/FDP-geführten Länder zufrieden, dass die UMK den Forderungen Hessens zum Fracking gefolgt ist. Dennoch hat sie die Bundelandwirtschaftsministerin aufgefordert, zur UMK im Herbst Handlungsempfehlungen für die Zulassungspraxis und die Rechtsetzung zum Fracking vorzulegen.
Hinsichtlich der Freisetzung von Treibhausgasen waren die Umweltministerinnen und -minister zufrieden, fordern aber weitere Anstrengungen: seit 1990 nahmen der Ausstoß von Treibhausgasen um 34 Prozent ab. Damit nähert sich Deutschland dem nationalen Klimaziel, das eine Reduktion um 40 Prozent bis 2020 vorsieht. Das EU-Ziel liegt bei 20 Prozent. Die Bundesregierung wird gebeten, sich engagiert für eine Anhebung des europäischen Ziels auf 30 Prozent einzusetzen.
Die Belästigung durch Fluglärm im Umfeld von Flughäfen soll nach Auffassung der UMK durch neue Gesetze verringert werden. Dabei soll die Nachtruhe der Bevölkerung besonders berücksichtigt werden. Umstritten blieb, ob verbindliche Lärmgrenzen eingeführt und Lärmschutzmaßnahmen an den Flugzeugen selbst Vorrang vor passiven Maßnahmen erhalten sollen, wie Rheinland-Pfalz, Bremen, Nordrhein-Westphalen und Schleswig-Holstein fordern.
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin und -senatoren der Länder sowie der Bundesumweltminister treffen sich zweimal jährlich zu den zweitägigen Umweltministerkonferenzen. Die Konferenzen werden jeweils durch die Amtschefs der Ministerien vorbereitet, die bereits am Vortag zusammenkommen. Gastgeber der Konferenzen in diesem Jahr ist Schleswig-Holstein. Die Herbstkonferenz wird vom 14. bis 16. November in Kiel stattfinden.
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