Daten im Diagramm: Wachstum als Problem (Foto: pixelio.de/G. Altmann)

Datenexplosion macht Biologen zu schaffen – Konrad Lorenz Institute sucht nach Lösungen und lotet Gefahren aus

Altenberg – Die Biologie sieht sich mit immer größeren Datenbergen konfrontiert. Die US National Institutes of Health http://commonfund.nih.gov attestieren dem Bereich sogar eine Entwicklung hin zur „Wissenschaft des Informationsmanagements“. Am Konrad Lorenz Institute for Evolution and Cognition Research (KLI) http://kli.ac.at in Altenberg haben internationale Experten im Rahmen des Symposiums „Data Intensive Biology“ diskutiert, ob Google eines Tages die Wissenschaft ersetzen könnte.Daten im Diagramm: Wachstum als Problem (Foto: pixelio.de/G. Altmann)

 

Zu hohe Erwartungen

 

„Geht es nur mehr um eine Art Maschinenbau oder wollen wir die Welt weiter verstehen?“, fragt sich Werner Callebaut, wissenschaftlicher Leiter des KLI. Dem Experten nach hatte die Biologie mit Hochdurchsatztechnologien wie dem „Human Genome Project“ hohe Erwartungen geweckt, mit rationalem Wirkstoffdesign oder personalisierter Medizin macht sich zunehmend jedoch Ernüchterung breit.

Das Genomprojekt führte zu der Erkenntnis, dass der Mensch funktionell sogar durch Mäusegene ersetzt werden könnte. Andere Forscher drängen darauf, ein theoretisches Rahmenmodell für die Erfassung, Korrektur und Analyse großer Datenmengen zu bilden – ähnlich Jim Gray’s „Das vierte Paradigma“. Genau dieses wirft mehr Fragen auf als es beantwortet, meint Sabina Lionelli von der Universität Exeter http://exeter.ac.uk .

Die datenintensive Forschung ist in ihren Augen aber keine Modeerscheinung, sondern fortan Basis. Dabei gelte es zu verstehen, welche „Reise“ wissenschaftliche Daten bereits genommen haben. Auf De-Kontextualisierung folge Re-Kontextualisierung und schließlich „Wiederverwendung als Moment der Geschichte in der Biologie“. In der Praxis hätten sich populäre Organismusmodelle behauptet.

Segen und Fluch zugleich

Gegen eine „System-Biologie“ muss man laut Athel Cornish-Bowden vom CNRS Marseille http://www.cnrs.fr den größten Einwand haben, denn diese führe zu keinem neuen Verständnis von Leben. „Lebewesen können niemals durch Datenakkumulation verstanden werden“, ist Cornish-Bowden überzeugt. Vielmehr brauche man Ideen, Experimente und kleine Genies wie Darwin. Selbst immer größere Autorenteams würden da nicht weiterhelfen.

Für Eric Werner, Präsident der Oxford Advanced Research Foundation http://www.dpag.ox.ac.uk , sind Datenberge mehr Segen als Fluch, denn zuerst müssten ohnehin Modelle aufgebaut und diese dann mit der Realität verglichen werden. Daten bekämen erst durch Theorien Bedeutung, Sinn und Relevanz. So eine „Entwicklungskontrolltheorie“ könne dann sehr verschiedene Phänomene bis hin zu Krebs erklären.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Jürgen Molner
Daten im Diagramm: Wachstum als Problem (Foto: pixelio.de/G. Altmann)