Ann Arbor – Menschen sind bei der Beantwortung von Fragen ehrlicher, wenn sie eine SMS schreiben, statt zu sprechen. Das sagt eine Studie der University of Michigan http://www.umich.edu , die beim Kongress der American Association for Public Opinion Research vorgestellt wurde (siehe: http://bit.ly/Ltwsq0 ). 600 iPhone-Nutzer haben an der Untersuchung teilgenommen. Die Antworten auf Fragen per SMS waren ehrlicher und präziser als jene, die in einem Telefongespräch gegeben wurden. Die Forscher stehen mit der Auswertung der Daten erst am Anfang. Die Berücksichtigung anderer Variablen soll weitere Aufschlüsse bringen.
Soziale Erwünschtheit
Was die Forscher bisher sicher sagen können, ist, dass Fragen nach der Regelmäßigkeit von Alkoholkonsum oder Training per SMS ehrlicher beantwortet werden als im Telefongespräch. „Das ist nicht neu. Die Theorie der sozialen Erwünschtheit besagt, dass die Antworten umso ehrlicher ausfallen, je geringer die soziale Präsenz des Fragestellers ist. Online und SMS haben hier Vorteile gegenüber Telefon und vor allem persönlichen Interviews. Gerade heikle Fragen wie Pornografie- oder Alkohol-Konsum sind von der sozialen Erwünschtheit betroffen. Der Zahnbürstenabsatz beispielsweise wäre Umfragen zufolge zwei- bis dreimal so hoch wie in der Realität“, erklärt Marketagent.com-Geschäftsführer Thomas Schwabl http://www.marketagent.com im Gespräch mit pressetext.
Laut den US-Forschern sind die Antworten per SMS auch exakter als jene, die im Gespräch gegeben werden. Die Frage nach der Anzahl der Songs am eigenen Telefon oder der Menge der im vergangenen Monat gesehenen Filme wurde in Kurznachrichtenform meist genau beantwortet, während im Gespräch oft gerundet wurde. Die Wissenschaftler führen dieses Ergebnis auf die Asynchronizität der SMS-Kommunikation zurück: Die Befragten haben schlicht mehr Zeit, ihre Antworten zu formulieren. Einige Experten sehen die größere Genauigkeit aber skeptisch:
„Das würde ich so nicht unterschreiben. Unsere Studien haben gezeigt, dass die Unterschiede zwischen den Methoden sehr gering sind. Werden Menschen dieselben Fragen über unterschiedliche Kanäle gestellt, liegen die Antworten extrem nahe zusammen. Abweichungen gibt es etwa bei Skalierungen. Einschätzungen zwischen Werten von „sehr schlecht“ bis „sehr gut“ tendieren in persönlichen Interviews zu Extremwerten, weil der Fragesteller nicht bei jeder Frage alle Stufen der Skala wiederholt. Auf dem Papier sieht der Teilnehmer aber alle Möglichkeiten vor sich, die Streuung ist größer“, sagt Schwabl.
Begrenzt einsetzbar
Die Studie, die den Testpersonen die Teilnahme mit iTunes-Gutschriften versüßte, soll künftig noch genauere Ergebnisse liefern. Unter anderem sollen Fragen nach Generations-Unterschieden oder Einflüssen durch maschinelle Fragensteller untersucht werden. Egal welche Erkenntnisse die Wissenschaftler auch gewinnen, einige Limitationen wird die SMS-Umfrage immer behalten. „Bei SMS-Befragungen sind Anzahl der Fragen und Platz für die Antworten beschränkt. Deshalb scheidet die Methode für umfangreiche Studien von vornherein aus“, so Schwabl.
Umfragen per Handys haben aber trotzdem Potenzial. „Durch die Verbreitung von Smartphones und die Zunahme von Flatrates sind Fragebögen auf dem Handy zunehmend ein Thema. Das wird in den nächsten Jahren ein großes Thema. Aber auch hier gibt es Limitationen. Diese Form der Befragung wird eher für kurze Meinungsumfragen in Verbindung mit NFC verwendet werden. Dann kriegen Kunden einen kurzen Fragebogen über das Angebot von McDonalds, wenn sie vor einer Filiale stehen“, so Schwabl.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Keßler
SMS: Daumen lügen weniger als Lippen (Foto: pixelio.de, Paul-Georg Meister)