Flensburg (ots) – „Ein Kreuzfahrtschiff macht so viel Emissionen wie 5 Mio. Pkws“. Mit dieser Nachricht schockierte der NABU mitten in der beschaulichen Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel Verbraucher, Schifffahrts- und Tourismusindustrie in gleichem Maße. Die Thesen waren derart offensichtlich falsch, einseitig und monokausal, dass sich das Maritime Zentrum der Fachhochhochschule Flensburg aus wissenschaftlicher Verpflichtung heraus genötigt sah hinter den Lobbyinteressen nach der Wahrheit zu suchen.
Waren es zunächst sachliche technische Bedenken, ganzheitliche Betrachtungen zu den Marktrealitäten und Erörterungen zu den (nichtbeabsichtigten) Nebeneffekten der NABU-Forderungen, so zeigte sich schnell, dass vom NABU eher eine Kampagne als eine fundierte sachliche Analyse und Bewertung beabsichtigt war.
So ist es allgemein anerkannter Standard, dass Emissionswerte der unterschiedlichen Transportsysteme unter der Berücksichtigung der Transportleistung z.B. in „kg/Tonnen km“ oder „kg/kWh und Pers.“ erfolgen muss. Dies lehnte jedoch Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik bei der NABU Bundesgeschäftsstelle, rigoros ab. Es ginge um eine Kampagne, eine sachliche Argumentation für breite Bevölkerungsschichten sei nicht zielführend und möglich, sagte er gegenüber nachfragenden Medienvertretern der FAZ und Wissenschaftlern der FH Flensburg.
Nun wurde pünktlich zum Osterfest nachgelegt und ein Zahlenwerk vorgelegt: Eine Nachrechnung durch das Maritime Zentrum der Fachhochschule Flensburg zeigte jedoch, dass der NABU ein Kreuzfahrtschiff mit einem parkenden Pkw vergleicht! „Wir waren schon sehr erstaunt, dass der NABU mit einem Pkw-Kraftstoffverbrauch von 2 kg/Tag gerechnet hat und die gesamte Presse dies kritiklos und ohne Nachrechnung übernimmt“, so Prof. Dr.-Ing. Holger Watter, Experte für nachhaltige Energiesysteme und Schiffsbetriebstechnik an der FH Flensburg. Legt man einen Verbrauch von 6 Ltr/100 km für einen Pkw zugrunde, so entspricht dies einer Fahrzeit von ca. 20 bis 30 Minuten. Alle Emissionsfaktoren der NABU-Berechnung basieren auf dieser Annahme und dem Vergleich mit einem 24stündig operierenden Schiff mit z.B. 2600 Personen an Bord. Sie sind damit als rechensystematisch und fachlich falsch einzustufen. Die Nachberechnungen sind, wie es in der wissenschaftlichen „Community“ üblich ist, nun offen und transparent als Diskussionsbeitrag abgelegt unter http://www.fh-flensburg.de/mz/index.htm#presse .
„Ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen ist nie richtig und immer angreifbar“, sagt Professor Watter. So seien technische und marktwirtschaftliche Randbedingungen zu beachten, die einen Vergleich schwer machen. Aber eine vereinfachte Berechnung quasi nach Dreisatzmethode ohne Erörterung des genauen Sachverhalts, wie der NABU es vorlegte, liege unterhalb des Qualifikationsniveaus, das von Bachelorarbeiten erwartet wird. Angesichts der tatsächlichen Emissionsdaten des Umweltbundesamtes, eine erstaunliche „Schönrechnerei“ der Pkw-Emissionen und merkwürdige Prioritätensetzung des NABU. Fallen doch die Emissionen der gesamten Seeschifffahrt kaum ins Gewicht bei den nationalen Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung zu den atmosphärischen Emissionen.
Dennoch arbeitet die Schifffahrtsindustrie, die Zulieferindustrien, Forschungszentren, Hochschulen und auch das Maritime Zentrum der Fachhochschule Flensburg (www.fh-flensburg.de/mz) intensiv an Lösungskonzepten zur Emissionsminderung in der Schifffahrt.
Am 15. Juni findet dazu die 34. Informationstagung zur Schiffsbetriebsforschung (ISF-Tagung) auf dem Campus der FH Flensburg statt: www.fh-flensburg.de/isf
Fachhochschule Flensburg