Wasserzähler: Weniger Durchfluss ist Problem für Rohre (Foto: pixelio.de/Sturm)

Wassersparen macht Wasser teurer – Rückläufige Nutzung erfordert neue Versorgungskonzepte

Berlin – Wassersparen im Haushalt lohnt sich für die meisten Länder Mitteleuropas nicht automatisch auch finanziell. Im Gegenteil: In Deutschland sind die Wasserpreise laut Statistischem Bundesamt im Vormonat abermals um 0,1 Prozent gestiegen, während der Verbrauch anhaltend zurückgeht – mit 122 Litern pro Kopf und Tag ist Deutschland Europazweiter im Wassersparen. Der Hauptgrund für diese Entwicklung: Die Fixkosten der Wasserversorger für die Leitungs- und Abwassersysteme müssen auf immer weniger Kubikmeter Wasser umgelegt werden. Fachexperten zufolge schlägt bald die Stunde für neuartige Versorgerkonzepte.Wasserzähler: Weniger Durchfluss ist Problem für Rohre (Foto: pixelio.de/Sturm)

Kehrseite der Sparsamkeit

 

Ein Beispiel liefert Hilchenbach http://www.hilchenbach.de in Nordrhein-Wesfahlen. Ihr Wasser bezieht die Kleinstadt im Mittelgebirge vom Wasserverband Siegen-Wittgenstein, der soeben eine Preiserhöhung angekündigt hat. Gründe dafür sind die schrumpfende Bevölkerung und das Wassersparen, erklärt Werner Otto, Betriebsleiter der Hilchenbacher Stadtwerke, gegenüber pressetext. „In den 1980er-Jahren legte man die Netze für 220 bis 250 Litern pro Person und Tag aus, heute liegen wir bei 110 bis 120 Litern. Dazu kommt, dass sich die Bewohner seit 2005 um 1.000 auf derzeit 15.500 verringert haben und älter werden. Senioren brauchen weniger Wasser.“

Besonders die geringe Bevölkerungsdichte wird Flächengemeinden wie Hilchenbach zum Verhängnis. „Auf einen Leitungskilometer kommen bloß 100 Einwohner. Die Fixkosten wie Abschreibungen, Verzinsungen und Wartung der Rohre und Hochbehälter blieben gleich, egal wie viel Wasser fließt. Wir versorgen elf Ortsteile und können nicht Teile des Netzes abtrennen. Deshalb bleibt zur Regelung nur der Bezugspreis“, so Otto. Alternativen wären eine Umschichtung eines Teils der Fixkosten auf die Grundgebühren, was jedoch Alleinstehende benachteiligen würde – oder eben die Erhöhung des Wasserverbrauchs.

EU pocht auf Wasserspar-Duschköpfe

Die letztere Möglichkeit schließt zumindest die EU kategorisch aus: Die angestrebte Ökodesign-Richtlinie (ErP 2009/125/EC) soll das Wassersparen EU-weit einheitlich regeln. Joe Hennon, Umweltsprecher der EU-Kommission, bestätigte in einem Medienbericht das Vorhaben, derartige Standards „in ein paar Jahren“ europaweit durchzusetzen. Ersten Berechnungen zufolge würden die Bestimmungen, die etwa Verpflichtungen zu Wasserspar-Armaturen in Dusche und WC enthalten, den deutschen Wasserverbrauch bald auf etwa 85 Liter pro Person und Tag drosseln.

Scharfe Kritik an diesem Vorhaben äußert Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft http://bdew.de : „Eine weitere Verminderung des Wassergebrauchs im wasserreichen Deutschland wird nicht zu einer Verbesserung der Trinkwasserressourcen in Ländern mit Wassermangel führen“, so der Experte auf pressetext-Anfrage. Rückendeckung erhält er in diesem Punkt sogar von Umweltschützern wie Nik Geiler, Sprecher des Arbeitskreises Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz http://akwasser.de .

Flucht nach vorne

Allerdings bezeichnet Geiler die Aufforderungen zu mehr Wasserverbrauch als „kurzsichtig“. „Der weitere Rückgang der Wassernutzung ist unausweichlich, da die Menschen bei höheren Kubikmeterpreisen automatisch sparen. Als Ausweg bleibt den Anbietern nur, sich an die Spitze der Entwicklung zu setzen und selbst intelligente Dienstleistungen zu liefern – etwa autonome Gründstücke mit eigenem Kreislauf und hochwertiger Abwasserreinigung“, so der Experte gegenüber pressetext. Ein noch weitgehend ungenutztes Potenzial sei auch die Rückgewinnung der Abwärme von Duschwasser. „Warmduschen entspricht nach wie vor dem Heizen bei offenem Fenster.“

Als die in Mitteleuropa wirksamste Form des Wassersparens bezeichnen die Experten unisono den bewussten Konsum. Seit das Konzept des „virtuellen Wassers“ http://virtual-water.org den gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder Dienstleistung analysiert, können auch Kleidung, Nahrung und Energie nach ihrem Wasseraufwand beurteilt werden (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20120322004 ). Gütesiegel für wasserbewussten Konsum findet man heute aber noch immer nur auf der Wunschliste der Umweltschutz-NGOs.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Wasserzähler: Weniger Durchfluss ist Problem für Rohre (Foto: pixelio.de/Sturm)