Notre Dame/Wien – Wer einen Revolver in der Hand hält, sieht die Welt anders. Zumindest glaubt er viel eher, dass auch die Menschen der Umgebung Waffen tragen, haben Psychologen der University of Notre Dame http://nd.edu herausgefunden. Wie sie im „Journal of Experimental Psychology: Perception and Performance“ betonen, hat dies auch „praktische Folgewirkungen auf Gesetz und die öffentliche Sicherheit“, ohne dabei jedoch explizit zu werden.
Unterschied liegt in der Hand
Die US-Forscher zeigten Versuchspersonen auf einem Computerbildschirm Menschen und baten sie jeweils festzustellen, welche Objekte diese in der Hand hielten. Darunter befanden sich neutrale Gegenstände wie Getränkedosen oder Handys, jedoch teilweise auch Waffen. Bei jedem Durchgang gab es leichte Veränderungen: Mal trugen die dargestellten Figuren Skimasken, mal wurde die Hautfarbe oder die Verhaltensweise gewechselt. Die wichtigste Variation bei den Testpersonen selbst: Abwechselnd hielten sie eine Spielzeugpistole, dann einen Schaumstoffball in der Hand.
In jeder Situation zeigte sich: Hielten die Probanden selbst eine Waffe in der Hand, identifizierten sie die Objekte der anderen weit eher als Waffen. Darüber hinaus gaben sie auch weit öfter bedrohende Signale wie das Ansetzen ihrer Waffe zum Schuss. Alleine das Betrachten einer Waffe löste dieses Verhalten noch nicht aus. „Entscheidender Unterschied ist die Fähigkeit zu handeln. Menschen tun sich schwer, Gedanken über ihre Wahrnehmung und Handlungsmöglichkeiten zu trennen“, sagt Studienleiter James Brockmole.
Überschätzung der Gefahr
Der Psychologe und Soziologe Ralf Risser http://factum.at erklärt den Umstand gegenüber pressetext als „gesteigerte Empathie“. „Wer selbst eine Waffe besitzt, glaubt viel eher, dass auch andere eine haben“, vermutet der Supervisor für Waffengesetz-Sachverständige. Grundsätzlich würden sich eher jene Personen eine Waffe zulegen, die Gefahren vermuten, die andere Menschen nicht sehen. Dass Waffenbesitz manche Menschen paranoid macht, glaubt Risser nicht – „eher ist die Paranoia schon vorher da. Problematisch ist jedoch, dass viele infolge der Gewalt am Bildschirm die Welt weit gefährlicher erleben, als sie tatsächlich ist“.
Waffentragen ist riskant
Das Tragen einer Waffe verändert nicht nur die Wahrnehmung, sondern erhöht auch das Risiko, selbst erschossen zu werden: Wie US-Forscher anhand von 700 Schießereien zeigten, werden Waffenträger 4,5 Mal häufiger erschossen als Unbewaffnete. Die Wissenschaftler führen das nicht nur darauf zurück, dass der Menschentyp der Waffenträger eher geneigt ist, in Schießereien zu geraten: Das Tragen der Waffe könnte auch ein Machtgefühl geben, das schnell zu Überreaktionen verleitet. Als Schutz oder Verteidigung seien Waffen deshalb meist nicht geeignet (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20091007025 ).
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Johannes Pernsteiner
Schießübung: Bewaffnet sieht die Welt gefährlicher aus (Foto: Flickr/JMR)