Der Abfallberg nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011 in Japan könnte schon in wenigen Wochen die Küste Hawaiis erreichen. Spätestens bis Jahresende werden Tonnen von Trümmern an der US-Pazifikküste erwartet. Experten schätzen die gesamte Abfallmenge, die ins Meer geschwemmt wurde, auf 20 bis 25 Mio. Tonnen. Zwischen zwei und drei Mio. Tonnen dieser Trümmer schwimmen noch immer im Pazifik – und sie verteilen sich immer weiter.
Ein Großteil des Abfalls – vor allem schwerere Teile wie etwa Fahrzeuge – sind bereits vor der Küste Japans versunken. Zahlreiche Meeresforscher von Umweltorganisationen gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten die Hawaii-Inseln sowie die Westküste der USA und Kanadas erste Müllteile angespült werden. Die Wissenschaftler arbeiten an Modellen, die aktuelle Meeres- und Windströmungen miteinbeziehen und damit die Ausbreitung des Mülls vorhersagen sollen.
Keine Einheitsmasse an Müll
„Man darf sich die treibende Müllmenge nicht als einheitliche Masse vorstellen, sondern aus treibendem Gut, das über eine große Fläche verteilt ist“, so Nicholas Mallos, Treibgut-Experte bei Ocean Conservacy http://oceanconservancy.org . Computermodelle haben gezeigt, dass die Fläche rund 3.200 Kilometer breit und rund 1.600 Kilometer lang ist. „Unklar bleibt jedoch weiterhin die Frage, welche Mengen an Abfall zu welchem Zeitpunkt an die US-Küste angeschwemmt werden, und auch aus welchen Komponenten diese Trümmer bestehen.“
Ersten Berechnungen der National Oceanic and Athmospheric Administration http://marinedebris.noaa.gov nach, werden die nordwestlichen Ausläufer der Hawaii-Inseln zuerst getroffen. Dann treibt der Müllstrudel weiter Richtung US-Westküste und könnte in den folgenden Monaten erneut die Hauptinseln des 50. US-Bundesstaats erreichen.
Körperteile und Plastikdreck
Insgesamt forderte die Erdbebenkatastrophe rund 23.000 Menschenleben. Viele der Opfer konnten nicht geborgen werden. Daher gehen Wissenschaftler auch davon aus, dass Leichenteile als Treibgut angeschwemmt werden. „Wir haben in den vergangenen Jahren im Puget-Sound mehrere Leichenteile in Sportschuhen gefunden“, meint der Ozeanograph Curtis Ebbesmeyer aus Seattle. Sportschuhe sind leicht und schwimmen an der Meeresoberfläche. Zudem wirken sie konservierend.
Neben den grausigen Überresten von Opfern warnen die Meeresbiologen auch vor gefährlichen Plastikabfällen im Meer. „Wir erwarten auch zahlreiche Ausrüstungsgegenstände der japanischen Fischereiindustrie, die ein hohes Gefahrenpotenzial für zahlreiche Meereslebewesen darstellen“, so Mallos.
Modell zeigt globale Müllverteilung
Ein vor 20 Jahren im Nordwestpazifik gefallener Schiffscontainer eines chinesischen Frachters, der mit mit rund 29.000 Plastikspielzeugtieren beladen war und aufbrach, wurde für Meeresforscher zu einem Best-Practise-Modell für die Verbreitung von Abfällen. Das Ozeanströmungs-Computermodell OSCURS (Ocean Surface Current Simulator) lieferte Daten darüber, wo die Spielzeug-Entchen als nächstes angeschwemmt wurden und machte auch auf den pazifischen Müllstrudel aufmerksam, der nicht nur Meerestiere, sondern auch den Menschen bedroht.
Auf den weltweit wachsenden Plastikmüllberg macht auch der Filmemacher Werner Boote in seinem Kinofilm „Plastic Planet“ http://plastic-planet.de aufmerksam. „80 Prozent des Kunststoffmülls, die UNO spricht von insgesamt weltweit jährlich rund sechs Mrd. Tonnen, gelangen über Flüsse in die Ozeane“, so Boote gegenüber pressetext. Die Meeresschutzorganisation Oceana schätzt, dass weltweit jede Stunde rund 675 Tonnen Müll direkt ins Meer geworfen werden, die Hälfte davon ist aus Plastik. Der Müllstrudel im Pazifik ist auch Thema des Films.
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Treibgut: auch Menschenteile werden enthalten sein (Foto: flickr.com, DVIDSHUB)