Eine Mrd. Kinder und Jugendliche wachsen derzeit in Städten auf – jedes dritte von ihnen in einem Slum. Das zeigt der Bericht „Zur Situation der Kinder in der Welt 2012“, den das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) http://unicef.org am heutigen Dienstag veröffentlicht hat. Die Städte in Entwicklungs- und Schwellenländern boomen, doch Rechte und Bedürfnisse der hier lebenden Kinder werden systematisch übersehen. Wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit braucht gleiche Chance auf Bildung und Entwicklung, fordert die UNICEF.
Kinder ohne Geburtsurkunde
„Meist herrscht noch das Klischee vor, dass es Kindern in ruralen Gebieten armer Länder am schlechtesten geht. Dabei werden die Kinder in den Städten jedoch oft vergessen. Ziel sollte sein, alle Kinder gleichermaßen zu berücksichtigen“, erklärt Alexander Schwentner, Kinderrechts-Experte bei UNICEF Österreich, im pressetext-Interview. Die Ungleichheit beginnt bereits bei der Geburt: 30 bis 50 Prozent aller Neugeborenen der Boomstädte in Entwicklungs- und Schwellenländer werden nicht einmal registriert, und auch die Stadtentwicklung plant vielerorts völlig an den Kindern vorbei.
Stadt kein Paradies
Die Folgen sind schwerwiegend: Unter- und Fehlernährung steigt in Slums an und trägt oft dazu bei, dass arme Kinder in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurückbleiben. Impfkampagnen dringen häufig nicht bis in die Slums vor, wodurch sich viele Krankheiten leichter verbreiten können. Zwar ist in den Städten die Trinkwasserversorgung meist besser als auf dem Land, doch hinkt die Versorgung dem Bewohneranstieg klar nach. Zudem verschlechtert sich die Verfügbarkeit von Sanitäranlagen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20120216019 ).
Ähnliche Rückstände gibt es bei der Bildung: In Städten ist die Zahl der Schulen zwar höher, doch sind diese meist für die Mittel- und Oberschicht reserviert, während Arme vielerorts keinen Zugang haben: Jedes zweite Kind aus Slums der indischen Stadt Delhi geht nicht zur Schule. Auf der Straße lebende Kinder und Jugendliche werden oft kriminalisiert und sind Übergriffen und der Ausbeutung ausgeliefert. Letzteres gilt auch für viele in Privathaushalten arbeitende Mädchen vom Land, die von den Eltern in die Städte geschickt werden.
Augenmerk auf Ärmste richten
Die UNICEF fordert die Regierungen dazu auf, der Diskriminierung von Kindern aus armen Familien entgegenzuwirken und sie besser vor Naturkatastrophen, Gewalt und Kriminalität zu schützen. Im Sinne einer langfristigen Stadtentwicklung brauchen marginalisierte Familien langfristig sichere Aufenthaltsorte. In den meisten Metropolen ist die Lage der ärmsten Bevölkerungsgruppen zudem noch kaum erfasst. „Wichtig wäre, in der Planung generell an Kinder zu denken, speziell an die Vernachlässigten, die gewöhnlich kaum zu erreichen sind. Das kostet kurzfristig mehr, rentiert sich jedoch langfristig eindeutig“, betont Schwentner.
Aussender: pressetext.redaktion Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
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Junge im Slum: Kinder sind Opfer des Städtebooms (Foto: Flickr/Browne)