Das im Vorjahr havarierte Atomkraftwerk Fukushima könnte bald schon wieder von einem starken Erdbeben getroffen werden. Wie Forscher aus China und Japan im Journal „Solid Earth“ der European Geosciences Union (EGU) http://egu.eu berichten, hinterließ das Beben vom 11. März 2011 neue Verwerfungen in unmittelbarer Nähe der Region. An anderer Stelle etwas weiter im Südwesten kam es erst am gestrigen Dienstag zu einem erneuten Beben der Stärke 6,0.
24.000 Beben in sieben Monaten
Dass der Osten Japans noch lange nicht zur Ruhe gekommen ist, zeigt die Zwischenbilanz zu den Vorjahresbeben. Während es in der Region von 2002 bis März 2011 bloß 1.200 Beben von der Mindeststärke 1,5 gegeben hatte, wurden vom 11. März bis 27. Oktober des Vorjahres 24.100 Erdstöße registriert, 23 davon von der Stärke 5,0 oder darüber. Das stärkste Nachbeben war am 11. April jenes mit der Magnitude 7,0, dessen Epizentrum nahe der Küste der Stadt Iwaki am Rande der Fukushima-Sperrzone lag.
Die Auswertung von 6.000 dieser Vorjahresbeben zeigte: Das große Thoku-Beben vom 11. März, das von einem Punkt 160 Kilometer vom AKW Fukushima ausging, ließ eine neue seismische Bruchlinie weit näher des Unglücksreaktors entstehen. „Da sich vor kurzem in Iwaki ein starkes Erdbeben ereignet hat, halten wir es für möglich, dass es auch direkt in Fukushima noch zu einem ähnlich starken Beben kommt“, erklärt der Geophysiker Dapeng Zhao von der Tohoku University http://tohoku.ac.jp/english .
Gefährliche Flüssigkeiten
Was die Forscher so beunruhigt: Laut den Auswertungen wurde das Iwaki-Beben von aufsteigenden Flüssigkeiten im Untergrund ausgelöst. Denn wo sich die pazifische Platte unter die Ochotsk-Platte, den Nordosten Japans, schiebt, lässt die hohe Temperatur und der Druck Wasser aus den aufschmelzenden Mineralien freikommen. Dieses dringt aufgrund seiner geringeren Dichte in höherliegende Schichten, wo es in Verwerfungen eindringt, die Reibung verringert und damit starke Erdbeben auslösen kann.
„Temperatur und die Anwesenheit von Fluiden sind wie Trigger, die Kettenreaktionen auslösen können“, betont auch Charlotte Krawczyk, Spezialistin für Seismik und Potenzialverfahren am Leibnitz-Institut für angewandte Geophysik http://liag-hannover.de , im pressetext-Interview. Die Möglichkeit eines weiteren großen Bebens in der Region sei nach dem Vorjahresereignis weiter gegeben. „Obwohl der Druck zwischen Platten an einer Stelle abgenommen hat, bleibt das gesamte Spannungsfeld dennoch bestehen“, so die Expertin.
AKWs weiter in Gefahr
Der Appell der japanischen und chinesischen Forscher: Das im Vorjahr schwer geschädigte AKW Fukushima Daiichi brauche dringend bessere Schutzvorkehrungen, und auch andere AKWs der Region wie etwa Fukushima Daini, das etwas weiter nördlich gelegene Onagawa und im Süden Tokai sollten hinsichtlich der Sicherheit überprüft werden. Erst am Montag hat Japans Regierung beschlossen, der Fukushima-Betreiberfirma Tepco umgerechnet 6,7 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Als so hoch hatte Tepco den Fehlbetrag aufgrund der enormen Kosten für Entschädigungen, Aufräumarbeiten und Ersatzbrennstoffe angegeben.
Link zur Originalstudie: http://www.solid-earth.net/3/43/2012/se-3-43-2012.html
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Japan: Beben-Epizentren immer näher beim AKW Fukushima (Bild: Ping Tong et al.)