KIEL. Umweltministerin Dr. Juliane Rumpf hat heute (14. Februar) den Entwurf des neuen Generalplans Küstenschutz für Schleswig-Holstein vorgestellt: „Vor fast genau 50 Jahren, am 16. und 17. Februar 1962, wurde unsere Küste von einer furchtbaren Sturmflut heimgesucht“, erinnerte sie dabei. Diese Katastrophe mit weit über 300 Toten in Norddeutschland sei Anlass gewesen für die Erstellung des ersten Generalplans Küstenschutz in Schleswig-Holstein. In dem nun überarbeiteten Plan werde dargelegt, welchen Herausforderungen sich das Land beim Küstenschutz im kommenden Jahrzehnt gegenübersieht.
Die Umweltministerin betonte die Bedeutung des vorsorgenden Küstenschutzes auch in der Zukunft: „Es ist damit zu rechnen, dass die Bedrohungen durch Sturmfluten bei stärker steigendem Meeresspiegel auch in Schleswig-Holstein erheblich zunehmen.“ Gut ein Viertel Schleswig-Holsteins sei als Niederungsgebiet durch Sturmfluten bedroht, ohne Küstenschutz ein Leben und Wirtschaften nicht möglich. In den gefährdeten Küstenniederungen leben 354.000 Einwohner und sind Sachwerte in Höhe von geschätzt 48 Milliarden Euro vorhanden. Entlang der 1.125 Kilometer langen Küstenlinie schützen insgesamt 433 Kilometer Landesschutzdeiche und weitere 96 Kilometer Regionaldeiche die Küstenniederungen vor Überflutungen, erläuterte sie.
Wesentliches Element der Fortschreibung des Generalplans sei die Überprüfung der Sicherheit der Landesschutzdeiche. Hier habe sich ein Verstärkungsbedarf an insgesamt 93 Kilometern ergeben, wovon 73 Kilometer mit erster Priorität zu verstärken seien. Der jetzt abzulösende Generalplan von 2001 habe noch 63 Kilometer ausgewiesen. „Die zusätzlichen zehn Kilometer erklären sich durch verbesserte und erweiterte Überprüfungsverfahren, insbesondere anhand geotechnischer Parameter, sowie ein mit Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern abgestimmter Sicherheitsstandard“, sagte Juliane Rumpf. Im Gegensatz zum bisherigen Generalplan werden in der aktuellen Fortschreibung zudem die mit zweiter Priorität erforderlichen Verstärkungen (20 Kilometer) aufgeführt.
Zu den weiteren Neuerungen zählt die mit Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern abgestimmte Vereinheitlichung der Bemessungsansätze für Landesschutzdeiche an der Nordsee, der Tideelbe und der Ostsee. Grundlage in Schleswig-Holstein ist ein statistisch ermittelter Sturmflutwasserstand. Diesem Wasserstand wird der bereits 2001 als Bemessungsgrundlage eingeführte Klimazuschlag hinzugerechnet und mit der höchsten bisher eingetretenen Sturmflut abgeglichen. Der höhere Wert wird der Festlegung der erforderlichen Deichhöhe zugrunde gelegt. Wie Frau Rumpf sagte: „Mit der Verwendung eines zweihundertjährigen Sturmflutwasserstandes zur Bemessung unserer Landesschutzdeiche tragen wir den Harmonisierungsanforderungen der EU-Hochwasserrichtlinie Rechnung.“
Für anstehende Deichverstärkungen werde entlang der gesamten Küste zudem ein einheitlicher „Klimazuschlag“ von 50 Zentimetern berücksichtigt, der bisher an der Ostseeküste nur 30 Zentimeter betrug. Außerdem wird mit dem neuen Generalplan in Schleswig-Holstein das Konzept der zusätzlichen „Baureserve“ für anstehende Deichverstärkungen endgültig eingeführt; durch diese kann der derzeitigen Bandbreite der Projektionen für den Meeresspiegelanstieg, die für den Zeithorizont bis 2100 zwischen 0,2 Meter und 1,4 Meter liegt, in vollem Umfang Rechnung getragen werden. Umweltministerin Rumpf: „Des Weiteren wird dem Katastrophenschutz unter dem Stichwort des Küstenrisikomanagements die ihm zukommende Bedeutung eingeräumt. Trotz aller finanziellen Anstrengungen werden wir einen Deichbruch nie ganz ausschließen können. Und dann muss der Katastrophenschutz greifen.“ Auf die Bedeutung der Raumordnung und Bauleitplanung als Garant für die Begrenzung der Schadenpotentiale in den von Sturmfluten bedrohten Niederungen werde in dem Dokument ebenfalls eingegangen.
Frau Rumpf sagte, dass für die Verstärkung der Landesschutzdeiche als Schwerpunkt des Generalplans ein Mittelbedarf von insgesamt ca. 200 Millionen Euro kalkuliert werde. Dieser Bedarf werde, wie auch die weiteren Ausgaben für den Küstenschutz, aus Mitteln des Landes, des Bundes und der EU gedeckt. Zur Berücksichtigung der steigenden Kosten im Zusammenhang mit dem Klimawandel wurde auf Initiative der Küstenländer 2009 zudem ein Bund-Länder-Sonderprogramm für den Küstenschutz aufgelegt. Mit den zusätzlichen Mitteln werde unter anderem das Konzept der Baureserve umgesetzt, das zu etwa 20 Prozent höheren Kosten führe.
Nach der heutigen Kabinettsbefassung startet die Anhörung bei betroffenen Institutionen und Verbänden. Hierzu zählen Wasser- und Bodenverbände, die kommunalen Spitzenverbände aber auch die anerkannten Naturschutzverbände. Nach Berücksichtigung der Stellungnahmen soll das Kabinett Ende 2012 dann die vierte Fortschreibung des Generalplans verabschieden. „Die Sturmflutkatastrophe des Jahres 1962 und die besorgniserregenden wissenschaftlichen Aussagen zum künftigen Meeresspiegelanstieg sind Mahnung und Motivation zugleich. Der Küstenschutz stellt eine niemals endende, ständige Herausforderung für die Bewohner des Landes und seine Regierungen dar“, betonte Juliane Rumpf.
Verantwortlich für diesen Pressetext:Christian Seyfert
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