BERLIN. Im Bundesrat beraten die Länder heute (10.2.) zum Thema gesetzlicher Mindestlohn und stimmen über einen Entschließungsantrag ab. Arbeits- und Sozialminister Dr. Heiner Garg betonte dazu: „Sie wissen, ich setze mich seit längerem für die Einführung von verbindlichen Lohnuntergrenzen ein. Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen acht Stunden am Tag arbeiten und trotzdem von ihrem Einkommen nicht leben können.
Das Instrument des „Aufstockens“ ist im Prinzip begrüßenswert, wenn es dazu dient, Arbeitslosen eine Brücke in den Arbeitsmarkt zu eröffnen. Es wirft aber Probleme auf, wenn sich dadurch prekäre Beschäftigungsverhältnisse verfestigen. Wenn wir niedrige Einkommen durch staatliche Leistungen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft aufstocken, bedeutet dies: Der Steuerzahler subventioniert Unternehmen, die sich mit niedrigen Löhnen Wettbewerbsvorteile verschaffen. Dies ist sozialpolitisch und ordnungspolitisch problematisch. Aufstockende Leistungen sind dazu gedacht, eine Brücke in den Arbeitsmarkt zu bauen. Sie sind aber kein Instrument, um sich dauerhaft Wettbewerbsvorteile durch Niedriglöhne zu verschaffen.
Für mich steht fest: Wir müssen die Ausbreitung von dauerhaft nicht-existenzsichernden Löhnen stoppen. Manche sagen, ob „Lohnuntergrenzen“ oder „Mindestlohn“ – das seien doch semantische Nebensächlichkeiten. Entscheidend sei, dass endlich ein verbindliches Minimum festgelegt wird. Das ist falsch. Entscheidend ist, dass dies unter Wahrung der Tarifautonomie geschieht.
Mir kommt es darauf an, dass die Tarifpartner in die Lohnfindung eingebunden bleiben – und zwar mit entscheidendem Gewicht. Lohnfindung gehört auch weiterhin in die Hände der Tarifparteien. Darum plädiere ich für die Einrichtung einer Lohnfindungskommission, die diese Anforderung erfüllt und gewährleistet.
Schleswig-Holstein hat deshalb auf der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister im November letzten Jahres einen Antrag zur Implementierung von Lohnuntergrenzen durch eine Lohnfindungskommission eingebacht.
Auch wenn der Antrag damals keine Mehrheit gefunden hat, halte ich dies nach wie vor für den richtigen Weg: Ein unabhängiges Gremium aus Vertretern der Arbeitnehmer,
Arbeitgeber und Wissenschaft kann die regionalen, branchenspezifischen und auch gesamtwirtschaftlichen Gegebenheiten am besten beurteilen.
Eine Kommission nach dem Vorbild Großbritanniens findet sich zwar auch in dem Entschließungsantrag wieder. Allerdings soll diese Kommission nach dem heute vorliegenden Antrag gerade nicht unabhängig eine Lohnuntergrenze vorschlagen können. Vielmehr wird eine branchenübergreifende unterste Grenze bereits politisch vorgegeben, die dann nur noch von der Kommission überprüft werden soll. Dies ist nichts anderes als ein staatlich festgesetzter gesetzlicher Mindestlohn.
Einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn lehne ich aber ab. Denn ein flächendeckender Mindestlohn ohne Rücksicht auf unterschiedliche Situationen in den Regionen oder Branchen gefährdet Arbeitsplätze gerade im geringqualifizierten Bereich.
Wenn wir eine Kommission einrichten, dann soll es auch in der Entscheidung der Kommission liegen, ob sie regional oder branchenspezifisch differenzierte Lohnuntergrenzen oder eben eine einheitliche Auffanglinie vorschlägt.
Ein von der Politik festgelegter Mindestlohn bringt die Gefahr mit sich, dass die Lohnhöhe ständig Gegenstand politischer Diskussionen ist. Insbesondere bei Wahlkämpfen.
Ein staatlicher Mindestlohn, der ohne Blick auf die Unterschiede in Regionen festgesetzt wird, gefährdet Arbeitsplätze, vor allem in strukturschwachen Regionen. Und möglicherweise ist ein Stundenlohn von 7,50 Euro in einer strukturschwachen Region gemessen an den Lebenshaltungskosten mehr wert, als 10 Euro in Düsseldorf oder München.
Es bleibt daher dabei: Lohnuntergrenzen sollten so politikfern wie möglich und unter maßgeblicher Beteiligung der Tarifpartner festgelegt werden.
Mir ist es ein Anliegen, dass wir im Interesse der Menschen im Niedrigstlohn-Sektor handeln – genau dieses Ziel wird aber durch den vorliegenden Entschließungsantrag nicht erreicht. Schleswig-Holstein wird den Entschließungsantrag aus den von mir genannten Gründen nicht unterstützen.“
Verantwortlich für diesen Pressetext: Christian Kohl
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