Die Bochumer Philosophin Corinna Mieth nimmt im Umgang mit Armut eine neue Position ein. Über ihre Thesen berichtet sie in der Jubiläumsaugabe „20 Jahre Rubin“, dem Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität http://ruhr-uni-bochum.de . Auf der einen Seite wird in der Philosophie argumentiert, dass die Menschen in den reichen Industrienationen in der Pflicht stehen, den Armen der Welt zu helfen. Danach sind die Bürger etwa in Europa oder Nordamerika sind mitschuldig an der Armut der Entwicklungsländer. Schließlich hätten diese Regierungen gewählt, die internationale Entscheidungen treffen.
Schuld des Einzelnen
„Ich weise die Annahme zurück, dass wir zur Armut in der Welt beitragen, wir tragen als Individuen keine Schuld, aber wir profitieren von den ungerechten Verhältnissen“, sagt Mieth im pressetext-Interview. Naturkatastrophen und Hungersnöte beherrschen die Medien. Welche Verantwortung und Verpflichtung etwa EU-Bürger gegenüber den Armen in Somalia oder Burundi haben, fragt sich Mieth.
Ausgangspunkt für ihre Überlegungen ist die These der Philosophen Peter Singer und Thomas Pogge: Unsere Pflichten gegenüber den von gravierender Armut betroffenen Menschen seien viel weitreichender, als wir gemeinhin vermuten. Singer stellt die Analogie auf, dass es unsere Pflicht ist, den Armen genauso zu helfen wie einem Kind, das in einem Teich zu ertrinken droht. Genauso wie wir ins Wasser springen würden, um das Leben des Kindes zu retten, müssten wir Teile unserer Güter abgeben, um den lebensbedrohlichen Hunger zu stillen.
Kriterien über Fragenkatalog
Dieser Vergleich habe Schwächen, versucht die Philosophin Mieth anhand zweier detaillierter Gegenthesen zu belegen. Unter anderem stellt sie Kriterien auf, die den Grad einer Hilfspflicht definieren: Wie schwer ist die Notlage des Betroffenen? Bin ich in der Lage, direkt zu helfen – oder ist Hilfe nur indirekt über eine Organisation möglich? Ist die Hilfe zumutbar, und hat sie auch Aussicht auf Erfolg? Mit Hilfe dieses Fragenkatalogs entkräftet Mieth zwar die These von Singer und Pogge, dass es eine starke Hilfspflicht ist, Geld für Arme zu spenden.
Gleichzeitig liefert sie spannende Lösungsansätze und Strategien, wie die reiche Bevölkerung dennoch dazu angeregt werden kann, sich über ihre Pflichten hinaus zu engagieren. Man könne vom Einzelnen nicht fordern, was nicht zumutbar sei. Man könne nicht errechnen, wie hoch die individuelle Schuld des Individuums in der westlichen Welt sei. Untätig sollten die reicheren Weltbürger nicht sein: „Wir haben eine gewisse Verantwortung für unseren individuellen Handelsspielraum“, sagt Mieth.
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Offene Hände: Reichtum der Welt ungerecht verteilt (Foto: pixelio.de, Seidel)