Arbeitsminister Garg: Bildung und Beschäftigung sind die wichtigsten Mittel gegen Armut – Landesregierung stellt aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht vor

KIEL. In der  Landtagsdebatte am 14.12.11 stellte Arbeits- und Sozialminister Dr. Heiner Garg den aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung vor. Minister Garg betonte dazu:

„Der Armuts- und Reichtumsbericht fasst die verfügbaren Daten zusammen und stellt dar, wie sich Armut und die Vermögensverteilung in Schleswig-Holstein entwickeln. Zugleich wird dargestellt, welches die wesentlichen Armutsursachen sind und mit welchem Gesamtkonzept die Landesregierung die Vermeidung und Verringerung von Armut erreichen will. Die differenzierte Darstellung im Bericht zeigt: Arm und Reich sind höchst relative und sicher auch subjektive Begriffe. So kann letztlich der Begriff „Reichtum“ weder wissenschaftlich noch empirisch klar abgegrenzt werden. Auch wann genau jemand als arm gelten muss, ist kaum eindeutig zu messen. Wenn man sich auf die im Bericht zugrunde gelegte EU-Terminologie verständigt, dann gilt:

1. Armut bedeutet in unterschiedlichen Lebenslagen sehr Verschiedenes und erfordert differenzierte Antworten.

2. Armut hat selbstverständlich eine materielle Dimension. Aber es wäre zu einfach, Armut als lediglich monetäres Problem zu begreifen. Es kommt entscheidend auf Begleitumstände an. Etwa auf soziale Isolation oder Bildungsferne. Armut geht vor allem mit einer fehlenden Teilhabe an der Gesellschaft einher. Der Kern einer wirksamen Politik zur Verminderung von Armut ist daher, ökonomische und soziale individuelle Teilhabe- und Verwirklichungschancen für alle Mitglieder in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Gemäß den von der EU definierten Kriterien werden solche Personen als armutsgefährdet eingestuft, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Äquivalenzeinkommens (Median) der Bevölkerung beträgt. In Schleswig-Holstein lag die

Armutsrisikoquote daran gemessen im Jahr 2009 bei 15,9 Prozent. Das ist ein Durchschnittswert – nicht alle Bürgerinnen und Bürger sind in gleichem Ausmaß von Armut bedroht.

Altersmäßig bilden Jugendliche und Jungerwachsene eine Schwerpunktgruppe.

2009 betrug die Armutsrisikoquote für unter 18-Jährige 19,5 Prozent, die der 18- bis 25-Jährigen 26,2 Prozent. Insgesamt am größten ist das Armutsrisiko für Erwerbslose, das im Jahr 2009 bei etwa 52 Prozent lag. Arbeitslosigkeit stellt die wesentliche Ursache für ein erhöhtes Armutsrisiko dar. Erwerbstätigkeit verringert die Armutsgefährdung in hohem Maße: Erwerbstätige sind mit 9,1 Prozent (2009) deutlich geringer armutsgefährdet.

Die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen stehen im Mittelpunkt der Armutsvermeidung: Wir brauchen Arbeitsplätze – und Rahmenbedingungen, die die Teilhabe am Arbeitsmarkt tatsächlich zulassen. Beispielhaft sei auf die Gruppe der Alleinerziehenden verwiesen, für die gute Kindertagesbetreuung eine essenzielle Bedeutung hat. Und es sind Alleinerziehende mit ihren Kindern, die neben Erwerbslosen besonders von Armut betroffen sind. Hier lag die Armutsrisikoquote im Jahr 2009 bei 42 Prozent. Der vorliegende Bericht bestätigt auch den bekannten Zusammenhang zwischen guter Bildungs- und erfolgreicher Armutsbekämpfungspolitik. Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung waren im Jahr 2009 zu 31,6 Prozent von Armut gefährdet. Das ist fast 100 % mehr als der Durchschnitt, wobei sich die Situation für Niedrigqualifizierte seit 2005 kontinuierlich verschlechtert hat.

Die Landesregierung setzt zur Bekämpfung und Vermeidung von Armut auf eine ineinandergreifende Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Die Zahlen belegen, dass „Arm durch fehlende Beschäftigungsfähigkeit“ zu den Hauptproblemen gehört. Darum ist die Verbesserung der Bildungschancen junger Menschen ein zentrales Element einer präventiven Armutsvermeidung. Zu den Schwerpunkten gehören neben Bildung die Bereiche soziale Sicherung und Arbeit. Der Landesregierung ist dabei bewusst, dass der Schlüssel zur Armutsvermeidung neben einem funktionierenden sozialen Sicherungssystem vor allen anderen mehr Bildung und Beschäftigung ist. Alle Bemühungen müssen weiter darauf ausgerichtet sein, Vollbeschäftigung in Schleswig-Holstein zu erreichen und allen Kindern und Jugendlichen Bildungschancen zu eröffnen. Die Fachkräfteinitiative, das Bildungs- und Teilhabepaket und das Programm „Schule und Arbeitswelt“ seien als Stichwort genannt. Die Demografische Wende auf dem Arbeitsmarkt bedeutet, dass perspektivisch niemand in unserem Land ohne Arbeit sein muss. Wir wollen dafür sorgen, dass diese Chance tatsächlich bei allen Menschen ankommt“.

Christian Kohl | Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit | Kiel |