Mit Russlands Wirtschaft geht es nach der Krise 2008/09 zwar aufwärts, doch die „gelenkte Modernisierung“ unter Präsident Medwedew hat ihr Ziel klar verfehlt: Der Aufschwung beschränkt sich bisher auf verhaltene vier Prozent. Die natürlichen Ressourcen und das Humankapital der Bevölkerung werden noch viel zu wenig genutzt, berichtet die OECD http://oecd.org über Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialsystem des Landes. Gesteigerte Effizienz und besserer Lebensstandard der Bevölkerung bleiben weiterhin außer Reichweite.
Abhängig von Öl, Kohle und Gas
Deutlich wird der Rückstand besonders bei den schlechten Bedingungen für Investoren. Russland muss ihnen den roten Teppich viel mehr ausrollen, so die OECD: Die Privatisierung verläuft schleppend, bei Außenhandel und Investment geht die politische Führung noch immer viel zu restriktiv vor. Der Staat mischt sich zu viel in die Wirtschaft ein, die Korruption wuchert und rechtliche Vorgaben haben eine meist nachrangige Bedeutung.
„Eine Modernisierung des Landes müsste vor allem die Abhängigkeit des öffentlichen Budgets von fossilen Ressourcen verringern und die Diversifizierung der Wirtschaft vorantreiben. Das gelingt vor allem durch mehr Energieeffizienz“, betont OECD-Generalsekretär Angel Girra bei der Präsentation des Berichts am gestrigen Montag. Verbrauchsförderungen für die Haushalte sollten auslaufen, Öl und andere klimaschädliche Brennstoffe besteuert werden.
Kluft der Gesellschaft
Noch mehr Aufholbedarf zeigen jedoch die Auswertungen zum Arbeitsmarkt und der Sozialpolitik. Russland gehört zu den Ländern mit den höchsten Armutsraten und den größten Gegensätzen zwischen Arm und Reich. Was die OECD hier vermisst: Mehr Hilfe für Arbeitssuchende und Wiedereinsteiger, Mindeststandards für die Anstellung, Garantien der Arbeitsrechte sowie höhere Sozialausgaben für Berufstätige und Kinder. Große Probleme gibt es jedoch auch bei den Pensionen.
Zu einer ähnlichen Analyse kamen schon unlängst Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik DGAP http://dgap.org : Das Problem der fehlenden Diversifizierung zeichne sich immer deutlicher ab, der fehlende freie Wettbewerb verschreckt Investoren und der riskante Markt lässt Kapital schon bei kleinsten Erschütterungen abfließen. Immerhin biete die Wiederwahl der Putin- und Medwedew-Partei „Geeintes Russland“ einen gewissen Grad an Stabilität (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20111205022 ).
Gescheiterte Modernisierung
Mit seinen bisherigen Versuchen der Modernisierung ist Präsident Medwedew gescheitert, so die DGAP in einer aktuellen Aussendung. Zwar wurde zur Kompensierung der Kluft zwischen Politikerelite und Bevölkerung der Druck auf die Medien gelockert und mehr öffentlicher Diskurs zugelassen. Schließlich steuerte die politische Führung dennoch dagegen, um der Eigendynamik der Gegenöffentlichkeit des Internets und kritischer Medien Herr zu werden – was zu den jüngsten Großprotesten nach der Wahl wesentlich beigetragen haben dürfte.
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Kreml: OECD-Kritik an Russlands Modernisierung (Foto: pixelio.de/Hautumm)