Die Bundesanwaltschaft hat heute Mittag (8. Dezember 2011) aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2011 in Bochum den 27-jährigen deutschen Staatsangehörigen Halil S. durch das Bundeskriminalamt und die GSG 9 festnehmen lassen. Zugleich werden im Auftrag der Bundesanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Kiel in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg insgesamt 16 Wohnungen und zwei Geschäftslokale durchsucht, darunter die Wohnungen fünf weiterer Tatverdächtiger aus dem Umfeld des Beschuldigten. Insgesamt sind etwa 150 Polizeibeamte an dem Einsatz beteiligt, darunter auch Polizeikräfte Nordrhein-Westfalens und Schleswig-Holsteins.
Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, sich als Mitglied der sogenannten Düsseldorfer Zelle um den gesondert verfolgten Abdeladim El-K. (vgl. Pressemitteilung Nr. 18/2011 vom 30. April 2011) an Anschlagsplänen der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida beteiligt zu haben (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB). Darüber hinaus wird ihm vorgeworfen, Urkundenfälschungen und als Mitglied einer Bande gewerbsmäßig Betrugstaten begangen sowie banden- und gewerbsmäßig beweiserhebliche Daten gefälscht zu haben (§ 263 Abs. 1 und 5, § 267 Abs. 1, § 269 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 267 Abs. 4 StGB).
Die Al Qaida-Führung in Afghanistan verfolgt spätestens seit Anfang 2010 das Ziel, in Europa Terroranschläge zu verüben. Zu diesem Zweck hat sie einige ihrer Mitglieder zu Attentätern ausgebildet und damit beauftragt, Sprengstoff- und Schusswaffenanschläge zu begehen – darunter den gesondert verfolgten Abdeladim El-K.Nach den bisherigen Ermittlungen erhielt El-K. im Frühjahr 2010 von dem hochrangigen – im August 2011 getöteten – Al Qaida-Mitglied Scheich Atiyatallah den Auftrag, in Deutschland eine Al Qaida-Zelle für die Begehung von Terroranschlägen aufzubauen.
Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik band El-K. im Sommer 2010 die gesondert verfolgten Jamil S. und Amid C. in die Umsetzung der Attentatspläne ein. Im Dezember 2010 begannen sie mit konkreten Anschlagsvorbereitungen. Ende April 2011 versuchten Abdeladim El-K. und Jamil S. in einer Wohnung in Düsseldorf einen „Zünder für eine Bombe“ zu herzustellen. Vor diesem Hintergrund ließ die Bundesanwaltschaft Abdeladim El-K., Jamil S. und Amid C. am 29. April 2011 festnehmen (vgl. Pressemitteilung Nr. 18/2011 vom 30. April 2011).
Die seither geführten Ermittlungen haben nunmehr den dringenden Tatverdacht dafür ergeben, dass der Beschuldigte spätestens im April 2011 von Abdeladim El-K. für das Anschlagsvorhaben rekrutiert worden war. Halil S. sollte vor allem für die finanzielle und logistische Absicherung des Attentats verantwortlich sein. So soll er bis Mitte April 2011 die Namen und Kontodaten von 45 Personen für Betrugstaten zur Finanzierung der Al Qaida-Zelle besorgt haben.
Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, die Anschlagspläne trotz der Festnahme der übrigen Mitglieder der sogenannten Düsseldorfer Zelle weiterverfolgt zu haben. Er soll sich gefälschte Ausweispapiere beschafft und unter falschen Namen mehrere Wohnungen im Ruhrgebiet für die Vorbereitung eines Attentats angemietet haben. Zur Finanzierung des Anschlagsvorhabens soll er außerdem gemeinsam mit mehreren von der Staatsanwaltschaft Kiel verfolgten Personen zahlreiche Betrugstaten über die Internetplattform Ebay verübt haben. Sie sollen sich im November 2011 heimlich Zugang zu Ebay-Konten Dritter verschafft und über die „gehackten“ Konten zum Schein insbesondere digitale Spiegelreflexkameras im Gesamtwert von etwa 25.000 Euro gegen Vorkasse zum Verkauf angeboten haben. Als Empfängerkonten für den Kaufpreis nutzten sie Bankverbindungen, die der Beschuldigte unter falschem Namen eröffnet hatte. Nach dem aktuellen Ermittlungsstand erlangten sie auf diese Weise etwa 5.200 Euro. Außerdem sollen sie unter den Falschidentitäten des Beschuldigten im Internet hochwertige Waren wie etwa Notebooks bestellt haben, die allerdings nur zum Teil ausgeliefert wurden. Insgesamt erhielten sie Gegenstände im Wert von etwa 1.400 Euro.
Es ist davon auszugehen, dass die übrigen an den Betrugstaten Beteiligten nichts von den Anschlagsplanungen des Beschuldigten wussten. Sie sollen das Ziel verfolgt haben, sich illegal zu bereichern. Zu den sechs von der Staatsanwaltschaft Kiel verfolgten Tatbeteiligten gehört Florian M., der heute aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Kiel vom 7. Dezember 2011 festgenommen wurde.
Der Beschuldigte Halil S. wird dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der ihm den Haftbefehl eröffnen wird. Der anderweitig verfolgte Florian M. wird dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kiel vorgeführt werden.
Mit den weiteren kriminalpolizeilichen Ermittlungen sind das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein beauftragt.
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)