Red Ribbon: Region mit schlimmster HIV-Zunahme liegt in Europa (Foto: Flickr)

Osteuropa bald Aids-Sorgenkind Nr. 1 – Experte: „Situation wie früher in Südafrika steht bevor“

Während weltweit die Neuinfektionen mit dem HI-Virus sinken, geraten sie in Osteuropa zunehmend außer Kontrolle. „Russland und die Ukraine stehen mit ihrem Aidsproblem bald dort, wo das südliche Afrika vor fünf bis zehn Jahren war“, warnt Nicolas Cantau, Fund Portfolio Manager für die Ukraine beim Global Fund, im pressetext-Interview. Der „Global Fund to fight AIDS, Tuberculosis and Malaria“ http://theglobalfund.org ist mit Abstand der größte Geldgeber für HIV/Aids-Projekte weltweit.Red Ribbon: Region mit schlimmster HIV-Zunahme liegt in Europa (Foto: Flickr) Alarm für Russland und Ukraine

Alarm schlug anlässlich des heutigen Weltaidstages auch die WHO http://who.int . Ihr Vergleich der Aids-Situation 2010 mit jener von 2001 zeigt: Die jährlichen Neuinfektionen gingen zwar weltweit um 15 Prozent auf 2,7 Mio. zurück und es gibt Hinweise, dass sich sogar in der zahlenmäßig größten Krisenregion Afrika südlich der Sahara die Zunahmen abflachen. In Osteuropa und Zentralasien verdreifachte sich die Zahl der HIV-Positiven allerdings auf nunmehr 1,5 Mio. und Aids-Todesfälle stiegen sogar auf das Zehnfache.

Speziell zur Ukraine informiert ein noch unveröffentlichter Bericht der UNAIDS http://unaids.org , dass 360.000 Ukrainer oder 1,33 Prozent der Bevölkerung zwischen 15 bis 49 Jahren den HI-Virus tragen, wobei nur 100.000 davon offiziell als Patienten gemeldet sind. Hoch ist die Infektionsrate besonders bei Drogenabhängigen, Sexarbeiterinnen, homosexuellen Männern und auch Straßenkindern, wobei allerdings der heterosexuelle Geschlechtsverkehr im Jahr 2009 den Drogenkonsum als wichtigste Übertragungsform abgelöst hat.

Drei Viertel bleiben unentdeckt

„Es gibt Hinweise, dass die heterosexuelle Übertragung heute in erster Linie von infizierten Drogenabhängigen ausgeht“, erklärt Cantau. Zwei Drittel der sexuell Neuinfizierten sind Frauen, vorwiegend aus der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen, wobei 50 Prozent der HI-Trägerinnen bei einer Schwangerschaft als solche diagnostiziert werden. Insgesamt bleibt der Virus jedoch bei drei von vier Betroffenen unentdeckt, weshalb Experten bereits den fortdauernden Boom von Neuerkrankungen befürchten.

Die ukrainische Regierung setzt in ihren Gegenmaßnahmen bei den Hochrisikogruppen an und wird dabei vom Global Fund in den kommenden zwei Jahren mit 88 Mio. Dollar unterstützt. „Die verfügbaren Mittel reichen jedoch kaum, um die vielen Lücken auch nur notdürftig zu füllen. Denn weder gelingt der flächendeckende Test bei Risikogruppen, noch die Behandlung aller Erkrankten“, betont der Global Fund-Sprecher. Ähnliches berichten auch ukrainische Selbsthilfegruppen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100721030 ).

DACH-Ländern fehlt Verantwortung

Gegenüber Russland, wo die Situation der Epidemie mit der Ukraine vergleichbar ist, spricht Cantau allerdings ein noch härteres Urteil aus. „Russland gehört zu den Geberländern für den Global Fund, verwehrt diesem aber die Mitwirkung bei der HIV-Bekämpfung. Seine Strategie ist die generelle Prävention, wobei die Bedürfnisse der Drogenabhängigen übergangen und die einzig wirksame Schadensminderungen durch Substitution oder Nadeltausch verboten werden. Dahinter stehen nur ideologische Gründe, die jeder Evidenz widersprechen.“ Schlimm sei dies, da UNAIDS-Forschungen zeigen, dass HIV/Aids durch Test und effektive Behandlung ausgemerzt werden könnte.

Jegliche Kritik gerade aus deutschsprachigen Ländern hat jedoch fahlen Beigeschmack: Deutschland, die Schweiz und Österreich sind Schlusslichter im weltweiten Kampf gegen HIV/Aids. „Das betrifft nicht nur den finanziellen Beitrag für Aidsprojekte, sondern auch die Entwicklungshilfe, die deutlich unter 0,7 Prozent des BIP liegt“, so Cantau. Weit schärfer hat dies Global-Fund-Direktor Michel Kazatchkine anlässlich der Aids-Konferenz 2010 formuliert: „Österreich bekämpft Aids nur mit schönen Worten“ (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100723004 ).

UNAIDS-Datenblatt Ukraine: http://www.unaids.org/en/Regionscountries/Countries/Ukraine/

 

Aussender: pressetext.redaktion, Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
E-Mail: pernsteiner@pressetext.com Tel.: +43-1-81140-306
Website: www.pressetext.com
Red Ribbon: Region mit schlimmster HIV-Zunahme liegt in Europa (Foto: Flickr)