Ihre Zähne sind Millionen Deutschen lieb, doch leider werden gute Zähne auch immer teurer. Grund: Die Zahnärzte langen teils immer dreister zu. Millionen Deutsche, Österreicher und Schweizer gehen jedes Jahr nicht nur zu den üblichen zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen, sondern auch zur professionellen Zahnreinigung (PZR). Doch wer mit einer PZR seinen Zähnen etwas Gutes tun will, fühlt sich spätestens beim Blick auf die Zahnarztrechnung häufig über den Tisch gezogen. Zu Recht, wie jetzt das deutsche Verbraucherportal http://www.geld.de in seiner zweiten großen Zahnarztstudie herausfand. Hierfür wurden über 1.400 Zahnärzte in 127 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Allein in den Metropolen Hamburg, Berlin, München, Köln, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Zürich und Wien waren es 229 Ärzte, denen Geld.de „auf den Zahn“ fühlte. Als Modellfall wurde bei den Zahnärzten angefragt: Was kostet in etwa die Zahnreinigung einer 29-jährigen Frau mit gesunden, gepflegten Zähnen und wenig Zahnstein (Nichtraucherin)? Als Parameter wurde zudem gesagt, dass sie regelmäßig Zahnreinigung durchführen ließe, also zwei Mal im Jahr. Im Schnitt dauert eine Zahnreinigung bei einem Erwachsenen zwischen 45 und 60 Minuten. Nimmt man das durchschnittliche Gehalt einer Zahnarzthelferin oder einer Medizinischen Assistentin als Grundlage (Tabelle 8 im Anhang) und summiert die üblichen Ausgaben für Miete, Geräte, Strom, Wasser, rechnet noch einen Gewinnanteil von zehn Prozent hinzu, kommt man auf durchschnittliche reale Praxiszimmerkosten je Stunde in Deutschland von rund 33 Euro, beziehungsweise 268 Euro am Tag.
In Österreich läge ein solcher angenommener realer Zahnarztzimmer-Kostensatz bei 32 Euro je Stunde, beziehungsweise bei 257 Euro je Tag und in der Schweiz bei 67 Euro je Stunde, beziehungsweise 537 Euro je Tag. Als Modell für solche Rechnungen gelten Aufschlüsselungen, wie sie beispielsweise auch die Handwerkskammern anbieten. Leider sah sich die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) nicht in der Lage, wie das in anderen Berufen üblich ist, Geld.de eine glaubhafte Kostenaufschlüsselung der Zahnärzte je Stunde zur Verfügung zu stellen. Deshalb handelt es sich um Annäherungswerte. Die Hauptkosten der Geräte für eine professionelle Zahnreinigung liegen beim Zahnarztstuhl, der durchschnittlich mit 32.500 Euro bei den Zahnärzten zu Buche schlägt, dem Zahnsteinentfernungsgerät, das durchschnittlich 1.909 Euro kostet sowie dem (umstrittenen, da den Zahnschmelz schädigendem) Airbrush-Polishing-Gerät. Es kostet durchschnittlich 2.033 Euro (Quelle: http://www.d-rect.at ).
Nimmt man das als Basis, ist Geld.de zu der Erkenntnis gelangt: Eine professionelle Zahnreinigung, die ja in der Regel eben nicht von Zahnärzten, sondern von zusätzlich geschulten Zahnarzthelferinnen oder Medizinischen Assistentinnen durchgeführt wird, dürfte in Deutschland und Österreich maximal 75 Euro kosten und in der Schweiz 150 Euro. Alles, was über diesen Beträgen liegt, ist eindeutig überteuert und wird von Geld.de als „Abzocke“ klassifiziert.
Studienergebnisse
Die Geld.de-Studie belegt: Wer sich seine Zähne professionell reinigen lassen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen. So stieg der durchschnittliche Preis für eine Zahnreinigung in deutschen Städten gegenüber dem Vorjahr um 2 Euro auf 74 Euro. Dass eine Zahnreinigung zum Luxusgut werden kann, zeigen die Kosten im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttoeinkommen. So müssen die Patienten in allen 127 untersuchten Städten mittlerweile durchschnittlich 68% ihres Tagesbruttolohns für eine Reinigung ausgeben. In Deutschland sind es 67%, in Österreich 82% und in der Schweiz 61%. In Stunden bedeutet dies: Für eine Stunde Zahnarzt, muss der Arbeitnehmer durchschnittlich 5,4 Stunden arbeiten. Nähme man das Nettogeld als Grundlage, läge dieser Betrag noch höher.
Schaut man sich die Rechnungen für Professionelle Zahnreinigung in den 117 untersuchten deutschen Städten einmal näher an, so gelangt die Studie auf folgende Klassifizierungen: In nur einer Stadt (Amberg), konnte Geld.de das Testergebnis „günstig“ vergeben, da der Preis der befragten Zahnärzte durchschnittlich bei 49 Euro lag.
11% der Städte (darunter Rostock, Straubing, Erfurt, Marburg, Regensburg, Hof, Kassel, Bremerhaven, Dessau-Roßlau) wurden als mittelpreisig eingestuft, da die Verbraucher dort durchschnittlich nur zwischen 55 und 64 Euro für eine Professionelle Zahnreinigung berappen müssen.
17% der Städte gelten aber bereits als teuer – darunter Essen, Offenburg, Hannover, Magdeburg, Mannheim, Würzburg, Chemnitz, Schwerin, Aalen. Hier sind durchschnittlich zwischen 65 und 69 Euro zu bezahlen. In 28% aller untersuchten Städte gelangt die Studie bereits zu dem Urteil „zu teuer“. Grund: Preise zwischen 70 und 74 Euro sind für eine professionelle Zahnreinigung bereits recht hoch. Unter anderen fallen folgende Städte in diese Kategorie: Flensburg, Coburg, Remscheid, Dortmund, Schwäbisch-Hall, Esslingen, Osnabrück, Tübingen, Konstanz, Lübeck, Dresden, Saarbrücken, Potsdam, Karlsruhe, Neubrandenburg, Freiburg/ Breisgau, Trier, Passau, Traunstein, Neuss.
Ganze 43% – fast jeder zweite deutsche Zahnarzt – landet mittlerweile in der Studien-Kategorie „Abzocke“. Es werden also durchschnittlich Kosten von 75 bis 100 Euro in Rechnung gestellt. Die teuerste deutsche Stadt ist München mit durchschnittlich 100 Euro für eine Professionelle Zahnreinigung. Ebenfalls die Auszeichnung „teuerste deutsche Praxis“ geht in die Isar-Metropole. So schämt sich ein Dentalkünstler dort nicht, ganze 180 Euro fürs gründliche Zähneputzen abzukassieren. Die teuersten deutschen Zahnarztpraxen fanden sich aber auch in Städten wie Berlin (173 Euro), Düsseldorf (165 Euro), Suhl (153 Euro), Aachen (150 Euro) oder in Ulm (130 Euro).
Kräftig zugelangt, beziehungsweise „abgezockt“, wird auch in Städten wie Heilbronn (Ø 97 Euro, Spitze: 120 Euro), Frankfurt a.M. (Ø 96 Euro, Spitze: 125 Euro), Salzburg (AT, Ø 96 Euro, Spitze: 124 Euro), Stuttgart (Ø 96 Euro, 150 Euro), Aachen (Ø 96, 150 Euro), Düsseldorf (Ø 94 Euro, 165 Euro), Darmstadt (Ø 94 Euro, 125 Eur), Bonn (Ø 90 Euro, 125 Euro) oder in Wien (AT,Ø 99, 130 Euro). Selbst im verschlafenen Siegen herrschen Großstadtpreise: Durchschnittlich zwischen 94 und 100 Euro werden in der größten Stadt des Siegerlandes eingefordert. In dem 127-Städtetest ganz weit vorne landeten auch Köln (Ø 86 Euro), Wiesbaden (Ø 85 Euro), Erlangen (Ø 85 Euro), Leipzig (Ø 84 Euro), Hamburg (Ø 83 Euro), Berlin (Ø 83 Euro) oder Aschaffenburg (Ø 82 Euro). Auch an die dort ansässigen Zahnärzte mussten die Tester das Urteil „Abzocke“ verleihen.
In der Schweiz ist das Preisniveau zwar im Verhältnis zu Deutschland und Österreich insgesamt höher, dennoch kann auf Grund eines fast doppelt so hohen durchschnittlichen Haushalts-Bruttoeinkommens von nur 18% der Zahnärzte gesagt werden, dass sie ihre Patienten wirklich „abzocken“. Geld.de fand dennoch immerhin neun Zahnarztpraxen die hierunter fallen, da sie über 150 Euro für eine Professionelle Zahnreinigung berechnen. Besonders frech: In Genf (CH) verlangt ein Zahnklempner ungeniert ganze 274 Euro für eine simple Zahnreinigung. Im Schnitt bezahlen die Genfer saftige 163 Euro für eine Putz-Behandlung. Somit haben die frankophonen Schweizer nicht nur den teuersten Zahnarzt, sondern auch die teuerste Stadt im 127-Städte-Vergleich in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Am schlimmsten sind der Studie nach jedoch die Österreicher dran. Sage und schreibe 80% der dort befragten Zahnärzte fallen in die „Abzock“-Kategorie, da zwischen 75 und 140 Euro durchschnittlich zu bezahlen sind. So liegen die Durchschnittskosten nicht nur in Wien (AT) sehr hoch, sondern auch in Salzburg (AT, 96 Euro), Graz (AT, 84 Euro) oder Linz (AT, 81 Euro). Nur Innsbruck (AT) fällt mit 71 Euro etwas ab.
Bis zu 92 Prozent vom Tagesbruttogehalt für eine Zahnreinigung / durchschnittlich 5,4 Arbeitnehmer-Arbeitsstunden für eine Stunde Zahnreinigung nötig
Betrachtet man die in den Städten durchschnittlich verdienten Brutto-Tageslöhne, zeigt sich, wie dreist und schamlos in einigen Regionen mittlerweile die Zahnärzte die Bürger abkassieren. Spitzenreiter ist Salzburg (AT): Hier müssen im Schnitt 92% des Tages-Bruttoverdienstes für eine Professionelle Zahnreinigung aufgewendet werden. Es folgen Heilbronn mit 91%, Wien (AT) mit 90% und Leipzig mit 89%. Aber auch in Städten unterhalb der jeweiligen „Abzock-Grenzen“ (D: 75 Euro, AT: 75 Euro, CH: 150 Euro) muss viel für eine PZR gearbeitet werden: So gehen in Oldenburg 77% des Tages-Bruttolohns für das einmalige Profi-Zähneputzen drauf, in Hildesheim 76%, in Suhl 85%, in Frankfurt a.d. Oder 80%, in Halle/ Saale 82% oder in Heide 75%.
Auffällig: Obwohl die Preise in der Schweiz mit die höchsten in der Studie sind, schwankt das Lohn-Zahnreinigungskosten-Verhältnis dort „nur“ zwischen 57% und 75%. Grund: Die hohen Bruttolöhne in der Alpenrepublik.
Besonders bitter: Die deutsche Bundesregierung aus CDU und FDP billigte vor einigen Wochen die Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Ab 2012 sollen die deutschen Zahnärzte rund 345 Mio. Euro pro Jahr mehr verdienen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die üblichen ärztlichen Leistungen, wie Kronen oder Füllungen. Die Geld.de-Experten gehen auch davon aus, dass die Preise für die Zahnreinigung weiter angehoben werden. Die Preisschraube geht also weiter… von Verbraucherschutz keine Spur.
Stadtstaaten Hamburg und Berlin am teuersten
Betrachtet man die deutschen Bundesländer und nimmt die dort verlangten Kosten für eine Professionelle Zahnreinigung als Grundlage, lässt sich feststellen, dass die Einwohner der beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg mit durchschnittlich 83 Euro am meisten Geld über die „Kassentheken“ der Ärzte schieben müssen. Auf Platz drei folgt Baden-Württemberg mit durchschnittlich 80 Euro. Ebenfalls oberhalb der „Abzock-Grenze“ liegen Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz und als einziges ostdeutsches Bundesland Sachsen. Im Vergleich auch noch zu teuer sind Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen und Brandenburg. Hier werden von den Zahnärzten durchschnittlich zwischen 71 und 74 Euro auf die Rechnungen geschrieben.
Teuer sind aber auch das Saarland, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit Durchschnittspreisen zwischen 69 und 66 Euro. Als einziges Bundesland vergaben die Tester lediglich Thüringen das Preissiegel „Mittel“. Dort verlangen die Zahnärzte durchschnittlich nur 61 Euro für das Profi-Zähneputzen. Günstig ist kein Bundesland.
Übrigens: Häufiger als zwei Mal im Jahr sollte man eine professionelle Zahnreinigung laut Friedrich Wiedemann, Geschäftsführer und Versicherungsfachmann von Geld.de nicht durchführen: „Damit schädigt man nicht nur seine Zähne oder das Zahnfleisch, sondern auch seinen Geldbeutel.“ Auf Grund der rasant steigenden Kosten für Zahnreinigungen empfiehlt Wiedemann, sich möglichst rechtzeitig nach einer Zahnzusatzversicherung umzuschauen. Derzeit seien die Tarife günstig. So könne sich eine 29jährige Frau schon für 5,61 Euro im Monat komplett absichern. Ein 35jähriger Mann bekomme die Leistung für 4,87 Euro. Mehr unter: http://www.geld.de/zahnversicherung-vergleich.html
Anmerkungen zur Datenerhebung: Die Studie basiert auf einer telefonischen Befragung im Zeitraum Mai bis Juli 2011.
Aussender: geld.de, Ansprechpartner: Dr. Konstantin Korosides
E-Mail: konstantin.korosides@geld.de, Tel.: 0341 / 49288-240
Website: www.geld.de