Index 2011: Wo die Menschheit hungert

Biodiesel und Spekulation schüren Hunger – Welthungerindex: Ernährungslage in 26 Ländern kritisch

Bonn (pte/11.10.2011/11:45) Die Beimischung von Biosprit und Spekulation auf Nahrungsmittel sind wesentliche Gründe dafür, dass noch immer 925 Mio. Menschen an Hunger leiden. Das zeigt der Welthungerindex 2011, den die Welthungerhilfe http://www.welthungerhilfe.de gemeinsam mit dem Washingtoner International Food Policy Research Institute (IFPRI) http://www.ifpri.org am heutigen Dienstag in Berlin präsentiert hat. Wie der Bericht veranschaulicht, liegt die Ursache des Problems immer häufiger in den Preissteigerungen.Index 2011: Wo die Menschheit hungert

Brotlaib um 30 Euro

Brot müsste bei uns 30 Euro und ein Sack Kartoffeln 50 Euro kosten, wenn wir die steigenden Preise so wie Entwicklungsländer spüren wollten, zeigt der Bericht. Denn deutsche Haushalte geben im Schnitt zwölf Prozent ihres Bruttoeinkommens für Nahrung aus, arme Länder jedoch 70 Prozent. Zudem machen Weizen, Mais, Reis oder Linsen in armen Ländern den Hauptteil der Ernährung aus, während es in Europa ein diversifiziertes Angebot gibt. „Auch aufgrund der hohen Import-Abhängigkeit treffen Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel oder beim Treibstoff für Transport und Verarbeitung die Entwicklungsländer enorm“, verdeutlicht Simone Pott, Pressesprecherin der Welthungerhilfe, im pressetext-Interview.

Paradox ist, dass gerade die Kleinbauern, die ja Nahrung produzieren, hungern: 80 Prozent der Hungernden leben am Land. „Da oft die Lagermöglichkeit fehlt, verkaufen Bauern die Erträge zur Erntezeit billig und müssen in Mangelzeiten teuer für den Eigenbedarf kaufen. Zudem streichen Zwischenhändler hohe Gewinn ein, da Bauern die Preislage nicht kennen. Häufig fehlt auch die Organisation, da genossenschaftlich vereinigte Bauern weit eher wirtschaftlich bestehen können.“ Die Folgen des fehlenden Geldes sind waghalsige Anpassungen: Weniger oder schlechtere Mahlzeiten, Ende des Schulbesuchs der Kinder, weniger Arztbesuche oder im schlimmsten Fall Prostitution, Kriminalität und Drogenhandel.

Biosprit, Klima und Börse

Drei große Preistreiber gibt es, zeigt der Bericht, allen voran der Biodiesel aus Energiepflanzen. „Die Beimischquoten müssen dringend auf internationaler Ebene überdacht werden, da das gefährliche Tank-oder-Teller-Spiel sonst weitergeht“, fordert die Expertin. Der Klimawandel ist der zweite Hauptgrund, da extreme Wetterereignisse wie etwa die Taifune in Südostasien, Dürren wie momentan am Horn von Afrika oder starke Niederschläge wie in Pakistan die ganze Ernte eines Landes vernichten können.

Bis zu 15 Prozent des Preisanstieges geht auf Spekulation zurück, weshalb die Welthungerhilfe auf mehr Marktregulierung drängt. „Dringend nötig sind mehr Transparenz über Nahrungsmittelmärkte und -preise. Solange es keine verlässlichen und aktuellen Informationen über Angebot und Nachfrage im Agrarmarkt gibt, lösen Einzelmeldungen panikartige Preistrends aus“, so Pott. Doch auch der Einzelne könne sich bei seiner Bank erkundigen, welche Fonds mit dem angelegten Geld gekauft werden. „Häufig sind hier Nahrungsmittel dabei. Ob man diese Finanzanlage vertreten kann, ist eine Gewissensfrage.“

Friede stillt Hunger

Zu den Schritten des Konsumenten gegen Hunger gehören auch die Fleischkonsums-Reduktion, der Kauf von Regionalprodukten sowie die Vermeidung von Lebensmittelabfällen: 20 Mio. Tonnen Nahrung werden allein in Deutschland jährlich weggeworfen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110906004 ). Politisch hält Pott die Förderung von Kleinbauern sinnvoll, besonders von Techniken, die Verdienstmöglichkeiten mit nachhaltiger Ressourcen-Schonung wie etwa durch bessere Bewässerung und Fruchtfolgen-Einhaltung verbinden.

In 26 Ländern ist die Hungersituation ernst oder gravierend, was immerhin weniger ist als die noch 29 im Vorjahr (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20101011018 ). „Fortschritte gab es im Nahen Osten, in Südost-Afrika und Lateinamerika, wobei die aktuelle Hungerkatastrophen am Horn von Afrika oder in Pakistan erst im nächsten Bericht aufscheinen. In mehreren afrikanischen Ländern blieb die Situation jedoch anhaltend schlecht, etwa im diktatorischen Eritrea oder im von Bürgerkriegen geplagten Kongo, Tschad und Burundi. Solange es keinen Frieden gibt, können die Bauern nicht in ihr Land investieren.“

Welthungerindex und weitere Informationen unter http://www.welthungerhilfe.de/pressemappe-whi2011

 

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