Wien – Paare müssen alte Werte in das moderne Leben integrieren, um mit der heutigen Freiheit zurechtzukommen. „Die Menschen sehnen sich nach lebendiger Lust. Diese fällt einem jedoch nur am Anfang einer Beziehung zu. Um auch später ein Klima der Erotik und des Begehrens zu erreichen, muss man Lust kultivieren und sie mitgestalten statt nur Bedürfnisse befriedigen“, erklärt Sexualtherapeutin Gerti Senger im pressetext-Interview. Am gestrigen Donnerstag präsentierte die Fachfrau gemeinsam mit Walter Hoffmann das bei Goldegg erschienene Buch „Schräglage“. Überforderung durch Freiheit
„Als die 1960er- und 1970er-Jahre das frühere Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern weitgehend aufhoben, keimten große Hoffnungen auf: Auf Glück ohne Verlogenheit, auf wahres Fühlen und Erleben. Die Ansprüche wurden jedoch enttäuscht. Viele Beziehungen bleiben farblose Respektgemeinschaften ohne Glut oder emotionale Nähe, die ganz nach dem ‚everything goes‘-Prinzip nur noch unverbindlich und auf Selbstverwirklichung ausgerichtet sind“, analysiert Senger. Viele Beziehungen wackeln aufgrund von Schräglagen oft, da Partner voneinander zu viel Freiheit oder auch unrealistisch viel Nähe einfordern.
Einige Warnsignale zeigen für die Expertin, dass eine Beziehung aus der Balance geraten ist. „Ein glückliches Paar fragt sich nicht dauernd, ob es denn wirklich glücklich ist. Weitere Indizien sind, wenn ein bestimmtes Streitthema immer wieder aufgekocht wird oder wenn jemand völlig von der Bestätigung des anderen abhängt und bei einem ‚Nein‘ beim Sex gleich alles in Frage stellt.“ Auch fehlende Häuslichkeit sei ein Problem. „Sie betreibt Dinner-Cancelling, er isst abends lieber einen Toast in der Kantine. Damit geht auch eine wichtige Möglichkeit des täglichen Austausches verloren.“
Warten lernen
Schräglagen gibt es in „unendlich vielen“ Formen, die in hohem Maß durch Konflikte in der frühen Kindheit geprägt werden. „Viele haben als Kind zu wenig Nähe, Anerkennung und Entfaltung erfahren, was die spätere Entwicklung der Persönlichkeit bestimmt.“ Jeder sei damit Kind seiner Zeit – Zeiten, die lange von Konsum und Wünschen geprägt waren. Für die Generationen der Zukunft ist Senger jedoch optimistisch. „Immer mehr sind unzufrieden mit der Schräglage in Politik und Arbeit. Immer mehr Menschen merken, dass es Wichtigeres gibt als den neuesten Flachbrett-Fernseher und widmen den Beziehungen wieder mehr Zeit.“
Die nötige Balance kann gelingen, wenn Nähe und Distanz, Bindung und Autonomie sowie Lust und Verzicht im Lot sind. „Wird jedes Bedürfnis immer sofort befriedigt, verlernt man das Warten bald. Beziehungen brauchen Zeit. Diese erreicht man vor allem durch fixe Abmachungen – etwa, dass der Sonntag ’nur uns‘ gehört“, empfiehlt Senger. Förderlich seien jedoch vor allem die alten Tugenden. „Verlässlichkeit, Verbindlichkeit, Freundlichkeit, Höflichkeit, Respekt, Mitleid und Gerechtigkeit bilden einen Katalog von Werten, die wieder modern sind. Wer sie pflegt, entwickelt Persönlichkeit und arbeitet an der Beziehung.“
Fotos der Buchpräsentation stehen unter http://fotodienst.pressetext.com/album/2809 als Download zur Verfügung.
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