De Jager danke dem Wissenschaftsrat für die Expertise und kündigte an, dass sein Ministerium mit den beiden Universitäten, den medizinischen Fakultäten, dem Universitätsrat und dem Universitätsklinikum (UKSH) gemeinsam Schlussfolgerungen aus den Empfehlungen des Wissenschaftsrates ziehen werde. Mit Blick auf mögliche negative wirtschaftliche Auswirkungen einer Umsetzung der Ratschläge hatte de Jager zuvor in der Abschluss-Sitzung des Wissenschaftsrates eine entsprechende Protokoll-Erklärung abgegeben. „Denn bei der Umsetzung der Empfehlungen müssen und werden wir zwingend die Wirtschaftlichkeit der künftigen Struktur unserer Hochschulmedizin genau im Auge haben“, so der Minister. Aus diesem Grunde werde die Landesregierung auch die Auswirkungen des Gutachtens auf das derzeit laufende UKSH-Markterkundungsverfahren prüfen und möglicherweise auch die Ausschreibung in zwei Losen für beide Einzelstandorte erwägen.
De Jager begründete die im Juli 2009 erfolgte Einschaltung des Wissenschaftsrates unter anderem damit, dass aus seiner Sicht „seit Jahren mit Händen zu greifen war, dass es in der Hochschulstruktur Schleswig-Holsteins Akzeptanzprobleme“ gebe. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die gesetzlich geschaffenen Kooperationsmechanismen zwischen Kiel und Lübeck nicht gelebt worden seien. „Nun geht es darum, nach dem jahrelangen Streit einen Konsens herbeizuführen“, so der Minister.
In seinem Papier bemängelt der Wissenschaftsrat unter anderem, dass sich Hochschulen, UKSH und die Hochschulmedizin-Bereiche in Lübeck und Kiel nicht vernünftig untereinander abstimmen. Insbesondere angesichts der im Bundesvergleich eher geringen Landesmittel, die in Schleswig-Holstein für die Hochschulmedizin aufgewendet werden, sollten die Hochschulen nach Ansicht der Experten über ihre Mittel selbst entscheiden können; die Trägerkosten sollten gesenkt und die frei werdenden Mittel der Medizinischen Fakultät in Kiel und der Universität zu Lübeck zugewiesen werden.
Der Wissenschaftsrat fordert vom UKSH darüber hinaus, seiner Verantwortung für Forschung und Lehre stärker gerecht zu werden und insbesondere seine klinischen
Schwerpunkte stärker an den Forschungsschwerpunkten der Medizin-Bereiche der Universitäten zu orientieren. Die Gutachter raten zur Bildung von universitätsmedizinischen Zentren. Insbesondere mit Blick darauf hält der Wissenschaftsrat eine Holdingstruktur für das Universitätsklinikum für denkbar. Nach den Worten von de Jager geht es vor diesem Hintergrund vor allem um die Frage, ob und wie die Empfehlung zur Holding konkretisiert werden kann, um den Handlungsspielraum des Landes zu erweitern.
Als erfreulich bezeichnete es de Jager, dass auch der Wissenschaftsrat dringend empfehle, die bauliche Sanierung der Hochschulmedizin und insbesondere des Klinikums voranzubringen. „Wir sehen nach wie vor gute Chancen für einen schnellen Bau-Beginn“, so der Minister. Er wies zugleich darauf hin, dass der Wissenschafts-rat auch die Stärken der Hochschulmedizin herausgearbeitet habe. Danach hätten beide Standorte „bemerkenswerte wissenschaftliche Entwicklungen vollzogen“. Die Bewertungsgruppe habe unter anderem feststellen können, dass die Standorte „thematisch unterschiedliche, transnational bedeutsame und national wie international sichtbare Profile in der medizinischen Forschung“ aufweisen. De Jager: „Das ist ein überaus erfreulicher Befund für den Wissenschafts-Standort Schleswig-Holstein.“
Der Minister kündigte an, dass die Auswertung der Schlussfolgerungen des Wissen-schaftsrates nach der Sommerpause mit allen Beteiligten in der bereits eingerichteten Projektgruppe „Struktur in der Medizin“ erfolge und dann unter Beteiligung der politischen Gremien in das Hochschulmedizinkonzept 2020 der Landesregierung eingearbeitet werde. „Dieses Konzept wird die Handlungslinie für die konkrete Umsetzung liefern – beispielsweise im Hochschulgesetz“, so de Jager.
Harald Haase | Ministerium f. Wissenschaft | Kiel |