„Die Aufstockung der Mittel muss an Bedingungen geknüpft werden: Die Vorlage eines Konzepts zur Bergung und Verwahrung des hochradioaktiven Brennstoffs aus dem Reaktor, sowie der Verzicht auf den weiteren Ausbau der Atomkraft in der Ukraine müssen Grundbedingungen für weitere Zahlungen sein,“ sagt Tobias Münchmeyer, Atomexperte bei Greenpeace, vor Ort in Kiew.
Die ukrainische Regierung plant, eine neue Schutzhülle aus Stahl zu bauen. Sie soll den maroden Sarkophag überwölben. Mit einer Fläche von über 42.000 Quadratmetern wäre das Bauwerk dreimal so groß wie der Petersdom in Rom. Zur Finanzierung hat die internationale Staatengemeinschaft bis jetzt 864 Millionen Euro bereit gestellt. Deutschland ist mit 60 Millionen Euro daran beteiligt. Die Einschätzung der Gesamtkosten liegt mittlerweile bei 1,6 Milliarden Euro.
„Mit dem neuen Sarkophag hangelt man sich von einem Provisorium zum nächsten“, so Münchmeyer. „Die Staaten geben viel Geld ihrer Steuerzahler zur Bewältigung der Tschernobyl-Katastrophe aus und gleichzeitig setzen sie neue Anreize für den Ausbau der Atomkraft in der Ukraine. Das ist absurd.“ Anstatt die Ukraine beim Umbau des veralteten atomlastigen Energiesystems zu unterstützen, finanzieren die internationalen Banken (European Bank for Reconstruction and Development und die European Investment Bank) für knapp eine Milliarde Euro neue Hochspannungsleitungen. Über diese soll zukünftig ukrainischer Atomstrom aus bis zu vier Reaktoren sowjetischer Bauweise in die EU exportiert werden.
„Mit Fukushima steht die Welt vor einem zweiten Tschernobyl. Wieviele Tschernobyls will sich die Welt noch leisten bevor sie aus der Atomkraft aussteigt?“, fragt Münchmeyer. 2006 hat Greenpeace eine Studie vorgelegt, derzufolge die Tschernobyl-Katastrophe mindestens 93.000 Todesopfer allein durch Krebserkrankungen gefordert hat.
Greenpeace