In Deutschland sagen deutlich mehr Frauen als Männer, sie seien zufrieden mit ihrem Arbeitsplatz und der Karrierestufe, die sie erreicht haben. Die Untersuchung des Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters Accenture anlässlich des 100. Internationalen Frauentages wirft die Frage auf: Sind Frauen tatsächlich zufriedener im Job – oder haben sie sich mit schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten abgefunden?
Nur jede vierte berufstätige Frau will ihre Karriere 2011 vorantreiben (28%), doch jeder zweite Mann (47%). Laut Befragung fühlen sich 70 Prozent der weiblichen Arbeitnehmerin wohl mit ihrem Arbeitsplatz, 80 Prozent sind zufrieden mit ihrer Sprosse auf der Karriereleiter (Männer: 60% und 65%).
Alarmierende Ergebnisse, findet Catrin Hinkel. Sie ist Geschäftsführerin bei Accenture und dort verantwortlich für den Bereich Human Capital & Diversity: „Offensichtlich haben sich viele Frauen damit eingerichtet, dass es für sie im Job häufig nicht weitergeht, und haben die sogenannte ‚gläserne Decke‘ akzeptiert.“
Darauf deuten auch folgende Antworten hin: Nur 30 Prozent der Arbeitnehmerinnen wollen auf Positionen der obersten Führungsebene vorstoßen, gegenüber 41 Prozent der Männer. Die befragten Frauen sehen außerdem die Schuld für mangelnde Aufstiegschancen stärker als ihre männlichen Kollegen bei sich selbst. Dass sie den nächsten Karriereschritt nicht machen zu könnten, weil ihnen Fertigkeiten und Wissen fehlten, sagen 28 Prozent der Frauen – aber nur sieben Prozent der Männer.
„Diese Haltung vieler Arbeitnehmerinnen ist fatal für Unternehmen, denen damit weniger Kandidaten für Positionen mit anspruchsvollen Aufgaben zur Verfügung stehen“, sagt Catrin Hinkel. „Arbeitgeber können nicht warten, bis ihre weiblichen Angestellten von sich aus den nächsten Karriereschritt machen wollen. Sie sollten mehr Frauen ans kalte Wasser heranführen und aktiv mit Führungsaufgaben betrauen.“
Doch vor allem Frauen mit Kindern scheuten oft diesen Sprung ins kalte Wasser, beobachtet Catrin Hinkel. „Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland machen es noch immer schwierig, Job und Familie zu vereinbaren. Berufstätige Mütter müssen sich häufig ein fragiles Konstrukt aufbauen, mit dem sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Sie befürchten, dass es mit neuen Aufgaben zusammenbricht, und vermeiden es daher, etwas daran zu ändern.“
Unterstützen könne der Arbeitgeber mit flexiblen Arbeitsmodellen. Auch bei Männern würden Unternehmen damit punkten: Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem (Work-Life-Balance) hat für Männer offensichtlich eine mindestens ebenso hohe Bedeutung wie für Frauen. 35 Prozent der befragten Männer sagen: „Work-Life-Balance ist für mich momentan das Wichtigste im Job“. Bei den Frauen sind es 30 Prozent.
Eine gesetzliche Frauenquote befürworten 44 Prozent der Arbeitnehmerinnen und 22 Prozent der Männer. Das ist die Mehrheit, 34 Prozent sind dagegen, 22 Prozent unentschieden. In Österreich und der Schweiz sind jeweils nur 26 Prozent der Frauen für gesetzliche Regelungen. Das zeigt laut Catrin Hinkel: „Ganz so zufrieden mit ihrer Jobsituation, wie sie in der Befragung sagen, sind Frauen in Deutschland wahrscheinlich nicht, wenn hierzulande deutlich mehr eine Quote befürworten als in unseren Nachbarländern.“
Internationaler Vergleich
Zufriedenheit mit Position: In der Schweiz ergab die Befragung ähnliche Werte wie in Deutschland: 86 Prozent der Frauen und 70 Prozent der Männer sind zufrieden mit ihrer Position. Anders das Bild in Österreich: 64 Prozent der Frauen sind zufrieden und sogar 76 Prozent der Männer. Insgesamt wurden Personen in 29 Ländern befragt, die durchschnittliche angegebene Zufriedenheit ist hier deutlich geringer (Frauen: 55%, Männer: 57%).
Karrierepläne: Auch in der Schweiz und in Österreich wollen weniger Frauen als Männer ihre Karriere in diesem Jahr voranzutreiben. In der Schweiz sind es 20 Prozent (Männer: 54%), in Österreich 38 Prozent (Männer: 50%). Der Durchschnitt über alle untersuchten Länder hinweg liegt bei 44 Prozent (Frauen) und 45 Prozent (Männer).
Ziel Topmanagement-Position: In der Schweiz streben ebenfalls weniger Frauen als Männer einen Job im Topmanagement an (Frauen: 28%, Männer: 44%), ebenso in Österreich (Frauen: 36%, Männer: 40%) und im Durchschnitt aller untersuchten Länder (Frauen: 35%, Männer: 52%).
Selbsteinschätzung: Mangelnde Fertigkeiten verhindern den nächsten Karriereschritt? Bei dieser Selbsteinschätzung fallen die Unterschiede in Österreich geringer aus (Frauen: 29%, Männer: 23%) als in Deutschland, ebenso in der Schweiz (Frauen: 18%, Männer: 23%) und im Schnitt der weltweit Befragten (Frauen: 22%, Männer: 19%).
Bedeutung der Work-Life-Balance: Wie in Deutschland ist in Österreich die Work-Life-Balance den Männern wichtiger (Frauen: 40%, Männer: 48%). In der Schweiz dreht sich das Verhältnis (Frauen: 48%, Männer: 34%).
Über die Untersuchung
Befragt wurde ein repräsentatives Sampel aus 3.400 Berufstätigen in 29 Ländern, je 100 davon in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die weiteren untersuchten Länder sind Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Indien, Irland, Italien, Japan, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Philippinen, Russland, Singapur, Südafrika, Südkorea, Spanien, Schweden, Türkei, England und die USA. Die Standardabweichung der Erhebung beträgt zwei Prozentpunkte.
Accenture