Verbraucher greifen gerne zu ökologisch angebautem Obst. Schließlich kommen bei der Bewirtschaftung keine chemischen Mittel zum Einsatz. Die Obstbauern haben dadurch allerdings vermehrt mit Schaderregern zu kämpfen. Die hierzulande erst seit wenigen Jahren auftretende Schwarze Sommerfruchtfäule ist eine Krankheit, die ihnen momentan besonders zu schaffen macht. Praxistaugliche Bekämpfungsmöglichkeiten gibt es noch nicht, Ernteausfälle von mehr als fünf Prozent sind häufig die Folge. Der Verein Öko-Obstbau Norddeutschland will nun mit der Obstbauversuchsanstalt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Jork eine umweltschonende Behandlungsstrategie entwickeln, die ohne vermehrten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auskommt und trotzdem wirksam ist. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit rund 70.000 Euro. Ziel ist, die Maßnahmen nicht nur im ökologischen Obstbau anzuwenden, sondern auch ein Signal an integriert wirtschaftende Betriebe zu senden.
Vor allem an der Niederelbe werden Äpfel von der Schwarzen Sommerfruchtfäule befallen, die in Deutschland erst seit August 2007 im Obstbau auftritt. „In Südeuropa und anderen wärmeren Gefilden ist der Erreger bereits seit langem bekannt“, erklärt Dr. Roland Weber von der Obstbauversuchsanstalt Jork. Dass er sich nun auch hierzulande breit macht, könne eine Folge des Klimawandels und der damit verbundenen wärmeren Temperaturen sein, vermutet Weber. Um die Schwarze Sommerfruchtfäule künftig besser bekämpfen zu können, sei eine genaue Untersuchung des Schaderregers dringend notwendig. „Dazu legen wir nun eine Versuchsfläche im zur Stadt Hamburg gehörenden Teil des Alten Landes an“, so Weber. Über drei Jahre sollen hier Tests gemacht werden mit dem Ziel, eine ganzheitliche und vor allem vorbeugende Behandlungsstrategie zu entwickeln.
Zunächst soll dem Auslöser des Pilzbefalls entgegen gewirkt werden: den so genannten Fruchtmumien. Diese vertrockneten Äpfel, die nach der Ernte häufig im Baum hängen bleiben, böten Unterschlupf für den Erreger – soviel sei bereits bekannt. Sie sollen in dem Projekt kontinuierlich per Hand entfernt werden. „In Großbetrieben wird darauf aus ökonomische Gründen häufig verzichtet und stattdessen zur chemischen Variante gegriffen“, erklärt Weber. Doch gerade im ökologischen Anbau dürften solche Mittel nicht eingesetzt werden. Da aber ein Trend zu Bioprodukten zu verzeichnen sei, hält der Biologe eine bessere Hygiene in den Obstbaumplantagen für eine entscheidende Form des Pflanzenschutzes der Zukunft. Wie sich ein solches Verfahren wirtschaftlich umsetzen lasse, soll ebenfalls in die Analyse einbezogen werden. Als nächster Schritt soll das Immunsystem der Pflanzen gestärkt werden. Der Schlüssel seien hier Tonerde-Präparate, die im Sommer auf die Bäume gespritzt werden. Es soll getestet werden, ob sie zur Abwehr von Pilzen beitragen können.
Darüber hinaus steht die Infektionsbiologie des Erregers im Fokus des Vorhabens – sprich wie genau die Infizierung der Äpfel stattfindet. Hierbei soll vor allem dem Zusammenspiel von starken Regenfällen, Sporenflug und Erkrankung der Frucht auf den Grund gegangen werden. Auf Basis der Ergebnisse könne künftig besser vorhergesagt werden, bei welchen klimatischen Bedingungen ein Befall mit der Schwarzen Sommerfruchtfäule droht. An dieser Stelle könne als weitere Maßnahme die Behandlung mit Schwefelkalk-Präparaten greifen. Diese für Bio-Betriebe erlaubten Mittel werden über die Bäume gespritzt und können ebenfalls dazu beitragen, eine Ausbreitung des Erregers frühzeitig einzudämmen. „Aber nur, wenn wir die Infektionsbiologie des Erregers kennen, können wir den Einsatz von Schwefelkalk-Präparaten richtig terminieren und die Mittel gezielt anwenden“, erklärt Weber.
Entscheidend sei die Kombination der einzelnen Maßnahmen, betont Bastian Benduhn vom Verein Öko-Obstbau Norddeutschland. „Damit wollen wir aber nicht nur der Schwarzen Sommerfruchtfäule wirksam entgegentreten. Wir möchten auch untersuchen, ob sich mit einem solchen Vorgehen die Bekämpfung anderer, bereits weit verbreiteter Erreger verbessern lässt“, so Benduhn. Auf diese Weise könne künftig vielleicht der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auch im integrierten Obstbau gemindert und die Umwelt deutlich geschont werden. Ein langfristiger Strategiewechsel hin zu einem vorbeugenden Schutz statt des vermehrten Einsatzes von Chemikalien sei das Ziel.
Obstbauversuchsanstalt Jork