Gegen den bevorstehenden Castor-Transport nach Lubmin protestieren seit dem frühen Morgen 35 Greenpeace-Aktivisten. Auf den Gleisen zur ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe haben sie einen Container mit einer ausfahrbaren Arbeitsplattform abgesetzt. Darauf befinden sich in mehreren Metern Höhe zwei Aktivisten mit einem Banner: „Stopp Castor nach Lubmin!“ Fünf Behälter mit radioaktivem Atommüll sollen in das mehr als 900 Kilometer entfernte Zwischenlager Nord bei Lubmin gebracht werden. Da der Großteil des strahlenden Mülls jedoch aus Atomreaktoren in Baden-Württemberg stammt, fordert Greenpeace, den Atommüll auch in diesem Bundesland zwischenzulagern, bis es für ihn ein sicheres Endlager gibt.
„Ministerpräsident Mappus muss beim Thema Atommüll endlich Verantwortung übernehmen. Er muss seine Verweigerungshaltung endlich aufgeben und dafür sorgen, dass der Atomabfall aus Karlsruhe auch in Baden-Württemberg gelagert wird“, fordert Greenpeace- Atomexperte Heinz Smital. „Die hochstrahlende Plutoniumsuppe aus Karlsruhe hat in Lubmin nichts zu suchen.“ Die baden-württembergische Landesregierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) lehnt die Lagerung von Atommüll aus der Wiederaufarbeitung im eigenen Bundesland bisher ab.
Von 1971 bis 1990 wurde in Karlsruhe Atommüll wiederaufgearbeitet, der zu rund 70 Prozent aus kommerziellen Reaktoren stammte und zu rund 30 Prozent aus Forschungsanlagen. Über die Verarbeitung im Kernforschungszentrum Karlsruhe wurde auch der hochradioaktive Industriemüll zu Forschungsmüll umdeklariert. Die inzwischen verglasten flüssigen Abfälle aus dem Wiederaufarbeitungsprozess haben eine Aktivität von 700 Billiarden Becquerel, das entspricht einem Mehrhundertfachen des radioaktiven Inventars, das zurzeit im Salzstock Asse gelagert ist.
Unnötige Transporte müssen vermieden werden
Die Castoren mit dem Atommüll sollen auf Straßenbahngleisen durch das Stadtgebiet von Karlsruhe und dann weiter nach Lubmin fahren. „Solche unnötigen Transporte von strahlendem Müll quer durch die Republik müssen vermieden werden“, so Smital. „Der Müll in Karlsruhe stammt zu drei Vierteln aus Anlagen in Baden-Württemberg. Bei der Lagerung dieser Abfälle muss das Verursacherprinzip gelten und der Müll im Land bleiben. Prinzipiell dafür geeignet wäre das Zwischenlager am Atomkraftwerk Philippsburg, das nur wenige Kilometer von Karlsruhe entfernt ist.“
Das Zwischenlager Nord in Lubmin wurde ursprünglich ausschließlich für die Lagerung von Abfällen aus dem Rückbau der ostdeutschen Atomkraftwerke Greifswald und Rheinsberg sowie für den dort angefallenen Atommüll eingerichtet. Mit dem aktuellen Castor-Transport wird jetzt zum zweiten Mal nach Dezember 2010 hochradioaktiver Müll aus Westdeutschland nach Lubmin geliefert.
Greenpeace