Der für die Endlagerung hochradioaktiven Atommülls vorgesehene Bereich im Salzstock Gorleben ist offenbar komplett von Gaseinschlüssen durchzogen. Dies geht aus bisher unveröffentlichten Untersuchungsberichten der „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) hervor, die jetzt im Auftrag von Greenpeace ausgewertet wurden. So hat die BGR Gas und flüssige Kohlenwasserstoffe in sämtlichen Gesteinsproben des Erkundungsbereiches 1 gefunden. Sie wies dabei auch Gasanteile (bis zu 45 Prozent) nach, die von außen in den Salzstock eingedrungen sind. Der von Greenpeace beauftragte Wissenschaftler kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass eine sichere Lagerung hochradioaktiven Atommülls in Gorleben unmöglich ist, da der Salzstock seine notwendige Barrierefunktion gegenüber der Umwelt nicht erfüllt. Greenpeace fordert Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) deshalb erneut auf, die Endlagerpläne in Gorleben aufzugeben und das Endlagerkonzept in Salz grundsätzlich zu überprüfen.
„Welche Beweise braucht Röttgen noch, um zu erkennen, dass er Gorleben als Endlager aufgeben muss?“, sagt Mathias Edler, Atomexperte bei Greenpeace. „Die internen Analysen belegen: Es gab in der Vergangenheit Wege für das Gas in den Salzstock und damit kann es auch in Zukunft über diese Risse und Klüfte zu Wanderungen von Gas, Wasser oder Radionukliden kommen.“
Der BGR waren die entscheidenden wissenschaftlichen Befunde spätestens seit dem Jahr 2002 bekannt. Konsequenzen blieben jedoch aus. Noch heute berichtet die Bundesanstalt in ihren Standortbeschreibungen nur unvollständig über die Herkunft der Gase und spielt mögliche Folgen herunter. Die BGR-Berichte dienen aber als Grundlage für eine vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene „Vorläufige Sicherheitsanalyse“, mit der die Eignung des Salzstocks nachgewiesen werden soll. Sie sollen den aktuellen Forschungsstand abbilden.
Zwischenbericht von 1983 hat Gasfunde falsch interpretiert
Diplom-Geologe Ulrich Schneider führt in seiner Studie aus, dass sich bei der Einlagerung wärmeentwickelnden hochradioaktiven Mülls das Salzgestein auf bis zu 200 Grad aufheizt. Dadurch dehnen sich Gase, aber auch an das Salz gebundenes Wasser aus. Im scheinbar dichten Salz führen die Spannungen zu Aufsprengungen des Gesteins, so genannten „mikrocracks“. „Die weit verbreitete Behauptung, dass es im Salz wegen dessen plastischer Eigenschaften nicht zu offenen Klüften und Spalten kommen kann, kann heute als widerlegt gelten“, erklärt Geologe Schneider.
Der Salzstock Gorleben befindet sich über dem größten, zusammenhängenden Erdgasvorkommen Deutschlands. Die „Physikalisch-Technische Bundesanstalt“ (PTB) hatte 1983 in ihrem Zwischenbericht behauptet, es handele sich bei den Gasfunden um isolierte Gase aus organischen Prozessen innerhalb des Salzes. Nach dem PTB-Bericht wurde anschließend die untertägige Erkundung des Salzstocks beschlossen.
Greenpeace e.V.