Tier & Mensch e.V.

Dioxinskandal: Wären strenge Kontrollen das Ende der Massentierhaltung?

Inzwischen weiß die deutsche Medienwelt, dass der neuerliche Dioxinskandal leider nur die Spitze des Eisbergs zeigt, denn Herkunft und Wege der verschiedenen Bestandteile bei der Futtermittel-Herstellung sind geheimnisvoll und alles andere als transparent“, stellt Tierärztin Karin Ulich vom Verein Tier & Mensch e.V. fest

Die Untersuchung auf Dioxin ist teuer und zeitaufwändig, sie findet nur selten statt. Die Regierung setzt zunehmend auf Selbstkontrollen durch die Industrie. So lassen sich alarmierende Untersuchungsergebnisse monatelang vertuschen. Der Gedanke, dass noch weitere kontaminierte tierische Nahrungsmittel auf dem Markt sind, scheint nahe liegend.

Tier & Mensch e.V.

Doch wer sagt dem Verbraucher, dass er sich vor Dioxin und weiteren Risiken nur schützen kann, indem er tierische Nahrungsmittel möglichst vermeidet?

Die Politik lässt die Bürger wieder einmal im Stich, um die Pfründe der Agrar-Industrie zu schützen. Frau Aigner sucht das Krisengespräch ausgerechnet mit der gescholtenen Futtermittel-Industrie, die unverschämt genug ist, sie vor „blinder Kontrollwut“ warnen.

Was haben die Herrschaften gegen strenge Kontrollen, wenn sie doch beteuern, alle ordentlich zu arbeiten, bis auf diese bedauerliche Ausnahme, die nun nach langer Zeit zufällig bekannt geworden ist? Wollen sie wohl bei ihrer „Eigenkontrolle“ nicht gestört werden – weil die Behörden vielleicht doch einiges nicht wissen sollen?

 

Wir beklagen, dass sich die Regierung ihrer Fürsorgepflicht entzieht.

 

Auch die EU hat sich bis heute nicht dazu durchringen können, das Futtermittelgesetz so zu ändern, dass genaue Herkunftsnachweise aller Futtermittelbestandteile vom Feld bis zum gefütterten Tier einem Beipackzettel entnommen werden können und damit die Tiernahrung transparent gemacht wird. Die Lobby des Agro-Business wehrte sich mit Hilfe auch der deutschen Regierung bisher erfolgreich gegen eine entsprechende Informationspflicht. Angesichts der Dumpingpreise für Tierprodukte wird neben riesigen Mengen an genmanipuliertem Soja selbstverständlich auch Abfall eingemischt, der ungenießbar, eklig oder schädlich ist. Es kann nicht nur Geld eingespart, sondern auch verdient werden, wenn Geflügel, Schweine und Rinder zum Müllschlucker degradiert werden. Es fällt meist nicht auf: Die wenigen Markt beherrschenden Industrie-Konzerne arbeiten weltweit und organisieren Ver- und Entsorgung über viele undurchschaubare Kanäle. Die Bauern, die in Vertragsställen arbeiten, sind nur kleine Handlanger der Industrie und haben weder Ahnung vom Inhalt noch Einfluss auf das Mischfutter, das ihnen geliefert wird.

 

Dioxin und bedenkliche Abfälle im Futter sind nicht das einzige Risiko, das mit den Produkten der Massentierhaltung den Verbrauchern auf den Teller geklatscht wird: Auch Unmengen an Medikamenten sind für die zu Tausenden dicht gedrängt gehaltenen, durch Zucht und unhygienische Haltungsbedingungen anfälligen Tiere überlebenswichtig. Neben Antibiotika-Rückständen finden sich auch zahlreiche für Menschen sehr gefährliche Krankheitskeime als unvermeidliche Beigabe zu Fleisch und Eiern: Am häufigsten sind die Lebensmittelvergiftungen mit Salmonellen und Campylobakter, die neben anderen Infektionskrankheiten aus den Ställen der Massentierhaltung die Ursache für Hunderttausende schwerer Erkrankungen und viele Todesfälle bei Verbrauchern sind.

 

Es wäre jetzt eigentlich die Gelegenheit, die vielfältigen und weitreichenden verheerenden Folgen der Massentierhaltung auf die Tagesordnung zu setzen und den politischen Irrweg endlich zu verlassen. Das wäre wohl die Konsequenz, wenn Futter, Tierschutz, Gesundheitsvorsorge, Arzneimittelanwendung in Massentierhaltungen oder Großschlachthöfe strengen Kontrollen unterworfen würden. Bisher werden sie der Industrie trotz bekannter gravierender Missstände weitgehend selbst überlassen.

 

Der einzige Ausweg aus dem gruseligen Diktat Gewinn orientierter Tier-Industrie ist der Weg zurück zur bäuerlichen Landwirtschaft mit Freilandhaltung, biologischem Futteranbau, kleinen Herden und transparenten, regionalen Kreisläufen. Eine Regierung, die nicht energisch die Weichen in diese Richtung stellt, führt uns an den Abgrund. Wird der Schlendrian wohl weitergehen?

Ulich hat dennoch Hoffnung: „Endlich wird nun wenigstens über die schädliche Auswirkungen der industriellen Massentierhaltung und die damit verbundene erschütternde Tierquälerei diskutiert“.

 

Tier & Mensch e.V.