Die Gammastrahlung beträgt 2,3 Mikrosievert pro Stunde, das ist 40-mal mehr als die Hintergrundstrahlung. Zwar liegt die Strahlung damit vermutlich innerhalb der Grenzwerte. Die Bewertung der Schädlichkeit von Neutronenstrahlung ist in der Wissenschaft allerdings umstritten. Nach Einschätzung der unabhängigen Umweltorganisation Greenpeace sind Grafiken der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, die den Einsatzkräften als Datengrundlage für die Strahlenbelastungskurve zur Verfügung stehen, bewusst verharmlosend.
„Die Polizei wird von den Behörden bewusst getäuscht“, so Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. „Die Berichte der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) zur Neutronenstrahlung sind grob manipulativ und verharmlosend. Das ist fahrlässig, und in der Art der Verharmlosung symptomatisch. Die GRS spielt hier mit der Gesundheit der Polizisten, die diesen Zug begleiten müssen, und mit der Gesundheit der Bevölkerung. Wir warnen die begleitenden Polizisten, sich dem Zug zu sehr zu nähern.“
In dem Bericht wird bei der grafischen Darstellung der Dosisleistung, also der Messgröße für die Intensität der radioaktiven Strahlung, mit zweierlei Maß gemessen. Die Grafik suggeriert eine raschere Abnahme der Strahlung bei zunehmendem Abstand vom Transportfahrzeug, als in der Realität gegeben. Bereits in einem Abstand von einer Fahrzeugbreite nimmt die Strahlung laut Grafik deutlich ab. Bei rund zwei Fahrzeugbreiten Abstand scheint das natürliche Niveau erreicht zu sein. Dieser Eindruck wird dadurch erreicht, dass Fahrzeuggröße und Abstand vom Fahrzeug in unterschiedlichen Maßstäben dargestellt sind.
Darstellung des Strahlenrisikos manipulativ, „Radioaktive Strahlung sieht man nicht, man hört und riecht sie nicht, trotzdem ist sie hochgefährlich“, so Smital. „Deswegen sieht die Strahlenschutzverordnung auch vor, jegliche Strahlung selbst unterhalb der Grenzwerte zu minimieren. Eine bloße Einhaltung von Grenzwerten ist nicht mit Ungefährlichkeit von Strahlung gleichzusetzen.“ Jeder der Castorbehälter enthält so viel radioaktives Material, wie bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl freigesetzt wurde. Der 100 Tonnen schwere Metallbehälter soll die Umwelt vor dieser Strahlung schützen. „Unsere Messungen zeigen, dass der Castor die Strahlung nur unzureichend abschirmt. Das muss jedem klar sein“, so Smital.
In Wissenschaftskreisen ist es unstrittig, dass gerade für Frauen die einzuhaltenden Grenzwerte deutlich niedriger angesetzt werden müssen, was sich aber noch nicht in der Strahlenschutzverordnung niedergeschlagen hat. Vorsorglich sollten daher keine weiblichen Einsatzkräfte in der Nähe des Castors eingesetzt werden.
Bundespolizei verhinderte über Stunden erste Messungen in Dahlenburg
In der Nacht hatten die Greenpeace-Experten erst nach einer direkten Konfrontation mit der Bundespolizei eine erste Neutronenmessung in Dahlenburg durchführen können. Einsatzkräfte der Polizei hatten das Messteam zuvor über zweieinhalb Stunden massiv daran gehindert, in dem niedersächsischen Ort die Strahlenbelastung in einem Privathaus zu dokumentieren. Anwohner hatten Greenpeace zuvor darum gebeten, die Belastung durch die Castorbehälter zu messen, die nur wenige Meter vor ihrem Haus über Stunden abgestellt waren. Die Polizei machte eine sachgerechte Messung aus dem Wohn- oder Schlafzimmer des Hauses unmöglich. Messwerte konnten nur aus dem Garten des Hauses mit einem ungünstigen Winkel gewonnen werden. „Das Datenmaterial aus dieser Messung muss auf Grund der ungünstigen Umstände von uns in Ruhe ausgewertet werden, um eine Vergleichbarkeit zur Messung in Dannenberg herstellen zu können“, sagt Smital.
Greenpeace e.V.