Bei beiden Vorbohrungen zu den heutigen Schächten des geplanten Atommüllendlagers Gorleben stießen die Bohrmannschaften 1982 auf brennbare Kohlenwasserstoffgase. Entsprechende Bohrberichte hat die unabhängige Umweltorganisation Greenpeace in Akten der „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) gefunden.
Zudem trafen die Bergleute auch beim Bau der Transportstrecken im Erkundungsbereich auf verflüssigte Kohlenwasserstoffgase. Die Betreiberfirma „Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern“ (DBE) spielte die Funde herunter und zog keinerlei Konsequenzen daraus. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) empfahl in ihrem damaligen Zwischenbericht an die Bundesregierung, die untertägige Erkundung des Salzstocks trotzdem fortzusetzen.
Die DBE gibt den Flamm- und Brennpunkt des Gases mit 20 Grad Celsius an. Die Einlagerungsbehälter für hochradioaktiven Atommüll (Pollux-Behälter) entwickeln an ihrer Oberfläche eine Temperatur von bis zu 200 Grad Celsius. Die Wärme des Strahlenmülls verursacht eine Ausdehnung des Gases und dadurch einen Druckanstieg im Salzstock. So entstehen Haarrisse und Klüfte, die neue Wegsamkeiten für Wasser und Gas schaffen. Während der geplanten Einlagerungsbohrungen können zudem Explosionen durch die Verbindung von Methangasen und Sauerstoff nicht ausgeschlossen werden. Greenpeace fordert erneut, den ungeeigneten Endlagerstandort Gorleben sofort aufzugeben.
„Mit explosivem Gas in unmittelbarer Nähe der geplanten Atommüllkammern ist Gorleben im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt. Der Salzstock würde zu einer tickenden Zeitbombe, sollte es zur Einlagerung der gefährlichsten Abfälle kommen, die die Menschheit jemals hervorgebracht hat“, warnt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. „Vor dem Hintergrund dieser verschleierten Tatsachen muss Umweltminister Röttgen jetzt Konsequenzen ziehen und alle internen und bisher unveröffentlichten Akten auf den Tisch legen.“
Bergamt Celle warnte vor weiterem Tiefergehen der Bohrungen
Bei der ersten Schachtvorbohrung im Juni 1982 stießen die Arbeiter in 870 und 940 Metern Tiefe auf Gasvorkommen. Die Bohrmannschaft bekam das Gasleck nur schwer in den Griff. Auch in der zweiten Schachtvorbohrung und einer weiteren Tiefbohrung wurde mehrfach Gas angetroffen. Wegen der plötzlichen Gasfunde wurden die Schachtvorbohrungen oberhalb der geplanten Tiefe von 1000 Metern gestoppt. Das zuständige Bergamt Celle warnte die Betreiberfirma DBE vor einem weiteren Tiefergehen, da bei erneutem „Antreffen von Gas (…) eine Abdichtung kaum möglich sein wird“.
Der Geologe Ulrich Schneider war bis 1981 an der obertägigen Untersuchung des Salszstocks beteiligt. Nach seiner Aussage handelt es sich bei den Gasfunden um sogenanntes Zechsteingas, das schon 1969 bei einer Gasbohrung im ehemaligen DDR-Teil des Salzstocks Gorleben-Rambow in 3400 Metern Tiefe zu einer schweren Explosion führte. Die DBE behauptet jedoch, es handele sich um isolierte Gase aus organischen Prozessen innerhalb des Salzes.
Als Entstehungsort gibt die DBE geologische Schichten an der Salzstockbasis auf 2000 bis 3000 Metern Tiefe an. Ulrich Schneider: „Wenn das Gas aber aus fast 3000 Metern Tiefe durch geologische Störungen oder den Salzaufstieg bis in die Schächte und Strecken des Bergwerks gelangen kann, dann kommt es auch bis zu den Atommüllbehältern. Diese sollen schließlich bis zu 300 Meter unter der 840 Meter-Sohle in Bohrungen versenkt werden.“
Im Jahr 1983 stellte die DBE ihre Ergebnisse in Fachkreisen vor. Auf den folgenden Behördenebenen wurden die Funde zunehmend verharmlost. Über Gasvorkommen im DDR-Teil des Salzstocks Gorleben-Rambow, so schreibt die PTB in ihrem Zwischenbericht, lägen „keine zuverlässigen Informationen vor“. Die Gasexplosion in Rambow verschweigt der Bericht.
Greenpeace