Justizministerium testet Elektronische Aufenthaltsüberwachung

KIEL. Die Landesregierung hat im Juli 2011 beschlossen, auch in Schleswig-Holstein zum besseren Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern die Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) zuzulassen. Die Geräte werden ab Dezember im Probebetrieb getestet. Mit dem Testbetrieb sollen die technischen und ablauforganisatorischen Einstellungen vor Ort überprüft werden. Hierzu wird zwei Mitarbeitern des Justizministeriums jeweils ein Ortungsgerät angelegt. Diese Mitarbeiter werden mit Bus, Bahn, PKW und zu Fuß eine festgelegte Strecke zurücklegen, die viele Fallkonstellationen möglicher Schwierigkeiten und auch verschiedene Manipulationsversuche abdeckt. In einem gemeinsamen simulierten Lagezentrum des Justizministeriums und des Innenministeriums werden die eingehenden Daten und die darauf folgenden Meldungen überwacht und ausgewertet.

„Die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Innenministerium, insbesondere mit den in der elektronischen Aufenthaltsüberwachung erfahrenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landespolizeiamtes und des Landeskriminalamtes ist vorbildlich. Auf die guten Erfahrungen der Zusammenarbeit im Rahmen des „Kieler Sicherheitskonzepts für Sexualstraftäter“ kann hier zurückgegriffen werden“, sagte Justizminister Emil Schmalfuß. Wann die EAÜ möglichst zeitnah für den Echtbetrieb freigegeben wird, ist abhängig von den gewonnenen Erkenntnissen des Testbetriebes.

Hintergrund

Seit dem 1. Januar 2011 können Gerichte für Verurteilte, die nach ihrer Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug unter Führungsaufsicht stehen, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB), wenn die Verurteilten schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten begangen hatten und diesbezüglich weiterhin als gefährlich eingestuft werden. Diese haben dann die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Ein Verstoß gegen diese Weisung ist strafbar. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung wird in enger Zusammenarbeit mit dem Land Hessen und auf Grundlage eines zwischen den Bundesländern geschlossenen Staatsvertrages durchgeführt werden. Die technischen Aspekte der EAÜ werden von der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) abgewickelt. Die HZD wird im Dauerbetrieb die von den Überwachungsgeräten eingehenden Positionsdaten mit den ortsbezogenen Daten der durch die gerichtliche Weisung definierten Ge- und Verbotszonen automatisiert vergleichen sowie die Funktionsfähigkeit der Geräte überwachen. Die Ereignismeldungen werden an die gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) weitergeleitet.

Die GÜL wird im Dauerbetrieb mit Personal besetzt sein, das über Kenntnisse und Erfahrung im Umgang mit Führungsaufsichtsprobanden verfügt. Eingehende Meldungen sollen von der GÜL überprüft und insbesondere auf eine möglicherweise bestehende Gefahrenlage hin verifiziert werden. Hierzu kann die GÜL auch unmittelbar telefonischen Kontakt zu den Probanden aufnehmen. Nach einer für jeden Einzelfall vorab abgestimmten Melderoutine informiert die GÜL die zuständigen Landesbehörden über angefallene Ereignismeldungen. Droht Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter, wird sofort die jeweilige Landespolizei unterrichtet.

Der im allgemeinen Sprachgebrauch geläufige Begriff der „Fußfessel“ ist irreführend, da er die Möglichkeit unterstellt, die Person könne festgehalten werden. „Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist kein Ersatz für eine geschlossene Unterbringung. Mit einer solchen Weisung sollen andere, im Rahmen der Führungsaufsicht getroffene Maßnahmen ergänzt und so der Schutz der Bevölkerung vor rückfallgefährdeten Straftätern weiter verbessert werden“, erklärte Justizminister Schmalfuß. Zugleich soll die Weisung beim Verurteilten im Bewusstsein der Überwachung die Fähigkeit zur Selbstkontrolle stärken und damit zu seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft beitragen.

O. Breuer | Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration | Kiel