Familienminister Dr. Heiner Garg: Gemeinsamen Weg für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz fortsetzen

KIEL, 15.12.17 – Anlässlich der heutigen (15.12.17) Landtagsbefassung mit dem Gesetzentwurf „Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz“ betont Familienminister Dr. Heiner Garg:

„Die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz ist schon in der Vergangenheit kontrovers diskutiert worden – politisch wie fachlich. Eine solche Verfassungsänderung wurde teilweise als Symbolpolitik bewertet, entsprechende Anträge wurden stets abgewiesen. Ich bekenne: ich bin für die Aufnahme von eigenen Kinderrechten in das Grundgesetz und will auch gleich erläutern, warum.

Zuvor will ich aber etwas anders sagen: nämlich, dass ich es für falsch und kontraproduktiv halte, allen, die Vorbehalte gegen eine solche Verfassungsänderung haben, das Anliegen abzusprechen, für guten Schutz und gute Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu sorgen. Und man muss, wenn man für eine Verfassungsänderung ist, auch nicht über jedes parteitaktisch hingehaltene Stöckchen springen, wo kämen wir denn da hin.

Immerhin hat die Justizministerkonferenz im November 2016 mit der Stimme Schleswig-Holsteins beschlossen, in einer Arbeitsgruppe die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz zu prüfen. Dies ist ein guter Weg, weil alle wissen, dass sich Verfassungsänderungen nicht für Spielchen eignen, sondern einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens brauchen. Das, was von der alten Landesregierung mitbeschlossen wurde, das war richtig. Dann ist es aber vom Verfahren her falsch, jetzt eine Resolution (mit) zu beschließen, die von einem gemeinsamen Weg nichts mehr wissen will.

Dies vorweg bemerkt, hier einige Anmerkungen in der Sache: Das Bundesverfassungsgericht hat klar festgestellt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind, dies ist geradezu selbstverständlich. Allerdings bringt unser Grundgesetz diese Subjektstellung nicht unmittelbar zum Ausdruck; sein Text kennt Kinder – in Artikel 6 – lediglich als Gegenstand elterlicher Verantwortung.

So wert uns unser Grundgesetz sein sollte, ist doch festzustellen, dass es hier hinter die Maßstäbe zurückfällt, zu denen sich Deutschland mit Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention bekannt hat. Im Übrigen ist es eben für jede rechtliche Abwägung bedeutsam, ob Interessen den spezifischen Schutz der Verfassung genießen – und spezifische Kindergrundrechte haben wir eben bisher nicht.

Die Verankerung von grundlegenden Rechten und Interessen von Kindern würde ihre Position gegenüber dem Staat stärken und auch das gesellschaftliche Bewusstsein für die Bedeutung dieser Rechte stärken. Es geht um die Anerkennung von Kindern als Träger eigener Rechte. Unser Grundgesetz verpflichtet in Artikel 20a den Staat unter anderem zum Schutz der Tiere. Eine explizite Schutzpflicht für Kinder kennt es nicht, und für einen Jugendminister ist das ein eigenartiger und schwer erklärbarer Zustand.

Es geht hier nicht um Symbolik, sondern um elementare Ansprüche wie

o        das Recht auf freie Entwicklung, Entfaltung und Bildung,

o        das Recht auf Beteiligung an das Kind betreffenden Entscheidungen,

o        den Vorrang des Kindeswohls bei allen das Kind betreffenden Entscheidungen sowie

o        die Verpflichtung des Staates, Chancengerechtigkeit und kindgerechte Lebensbedingungen zu gewährleisten.

All diese Rechte sind eben nicht bereits in der Verfassung verankert, und schon gar nicht könnte man behaupten, dass sie längst lückenlos durchgesetzt wären. Oder um es anders herum zu sagen: ich kann kein anderes verfassungsrechtlich geschütztes Interesse erkennen, dass durch die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz in nicht hinnehmbarer Weise zurückgedrängt würde.

Insofern bin ich im Grundsatz ein Anhänger der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Nur sollte dies eben in einem Verfahren geschehen, in dem erstens alle Seiten sich angemessen einbringen und in dem die Befürworter einer Verfassungsänderung den eigenen Maßstab an Beteiligung aller einhalten.

Das von mir angesprochene  Vorgehen nach Beschluss der Justizministerkonferenz wird dem gerecht, der aktuelle Antrag aus Brandenburg leider nicht. Die Landesregierung wird ihm daher nicht zustimmen.“

Aussender: Christian Kohl, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (SH)
Redaktion: Torben Gösch