Comeback der Europäer – Warum sich europäische IT-Anbieter auf ihre spezifischen Management-Stärken besinnen sollten, anstatt ihre US-Wettbewerber zu kopieren

– Europäische IT-Anbieter schneiden bei Umsatz- und EBITDA-Wachstum im langfristigen Vergleich besser ab als ihre US-amerikanischen Wettbewerber
– Auch japanische Wettbewerber haben ein geringeres EBITDA-Wachstum, obwohl ihr Umsatz stärker steigt- Das nachhaltiger ausgerichtete Geschäftsmodell der europäischen IT-Anbieter schafft Wettbewerbsvorteile
– Insgesamt haben europäische Anbieter eine starke Position auf dem europäischem Markt , trotzdem können sie von den Stärken ihrer nichteuropäischen Wettbewerber lernen

Das europäische Management-Modell hat sich mit seinen spezifischen Stärken wie beispielsweise einer langfristigeren Orientierung oder der Einbeziehung aller Stakeholder-Interessen in den vergangenen zehn Jahren zum Erfolgsmodell entwickelt. Das zeigt sich auch bei den IT-Anbietern: Bei der Entwicklung von Umsatz und EBITDA schneiden sie im Zeitraum von 1998 bis 2007 deutlich besser ab als ihre US-amerikanischen Wettbewerber. Auch im Vergleich zu den japanischen Anbietern stehen sie gut da: Deren Umsatzwachstum ist zwar noch höher, aber beim EBITDA-Wachstum bilden sie das Schlusslicht. Roland Berger Strategy Consultants hat in der Studie „Next Generation IT Provider – The European Way“ Anforderungen des europäischen Markts an IT-Anbieter analysiert und mit der „Unternehmens-DNA“ europäischer und außereuropäischer IT-Provider verglichen. Ergebnis: Der Erfolg der europäischen Unternehmen beruht vor allem auf der spezifisch europäischen Art der Unternehmensführung. Um weiter wachsen zu können, sollten die europäischen IT-Provider sowohl ihre spezifischen europäischen Kernstärken ausbauen als auch von ausgewählten Stärken ihrer nichteuropäischen Wettbewerber lernen.

„Europäische IT-Anbieter betrachten sich oft noch selbst als zweitklassig im Markt und versuchen, ihre vermeintlich fortschrittlicheren Wettbewerber aus den USA oder Indien zu kopieren“, sagt Carsten Rossbach, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants. „Dazu besteht aber kein Grund: Die europäischen Unternehmen sind viel besser als ihr Ruf.“ Die Roland Berger Experten haben europäische und nichteuropäische Provider und ihre Geschäftserfolge auf dem europäischen Markt analysiert. Zentrales Ergebnis: Europäische IT-Anbieter haben bei Umsatz- und EBITDA-Wachstum in der Dekade zwischen 1998 und 2007 besser abgeschnitten haben als ihre US-Wettbewerber. Die japanischen Unternehmen konnten zwar ihren Umsatz noch stärker steigern, blieben dafür jedoch beim Wachstum des EBITDA weit zurück.

Wettbewerbsvorteil durch „europäische DNA“

„Wir führen den Erfolg der europäischen IT-Anbieter auf die spezifisch europäische ‚Unternehmens-DNA‘ zurück“, sagt Roland Berger Projektmanager Markus Puttlitz. „US-amerikanische Anbieter sind beispielsweise eher abschlussorientiert, die Europäer wirtschaften dagegen eher technik- und beziehungsorientiert. Ihr Kernziel ist es, eine durch Vertrauen und Zuverlässigkeit geprägte langfristige Kundenbeziehung aufzubauen. Dabei machen sie eher konservative Versprechungen, die sie dann lieber übererfüllen.“ Im Gegensatz dazu geben Anbieter nichteuropäischen Ursprungs oft aggressive Versprechungen ab. Europäische Anbieter haben außerdem oft eine ausgeprägte technische Expertise im Verkauf – auch das sorgt für Vertrauen.

„Natürlich bietet auch die Unternehmens-DNA nicht europäischer Anbieter Vorteile: Sie sind häufig führend bei Geschwindigkeit und Innovation, und deutlich flexibler und eher bereit, auf Markttrends zu reagieren“, sagt Projektmanagerin Dr. Julia Daecke. „Europäer nutzen ihre insgesamt langfristigere Strategie einschließlich Mitarbeiterbindung und -entwicklung als Vorteil. Die CEOs sehen sich eher als Themenführer, nicht als Verkäufer wie in amerikanischen Firmen. Sie verfolgen die Strategie des Ausbaus von Kernkompetenzen und konzentrieren sich zum Beispiel auf Bestandsmärkte und -kunden“.

Europäer legen zudem einen stärkeren Fokus auf die Nachhaltigkeit des Unternehmenserfolgs: Während nichteuropäische IT-Provider häufig ihre Standards wechseln und bereitwillig technologischen Modetrends folgen, sind ihre europäischen Wettbewerber eher skeptisch gegenüber kurzfristigen technologischen Trends. Bei Outsourcing und Effizienzverbesserung gehen sie oftmals vorsichtiger und sozialverträglicher vor.

Eigene Stärken ausbauen – Fremde Stärken kopieren

Insgesamt haben europäische IT-Anbieter auf ihrem Heimatmarkt eine starke Stellung. Die Roland Berger Studie empfiehlt den europäischen IT-Anbietern daher, ihre spezifisch europäischen Stärken weiter auszubauen und gleichzeitig von den Stärken der außereuropäischen Wettbewerber zu lernen. Puttlitz: „Bestimmte Charakteristika der nichteuropäischen Unternehmens-DNA wie etwa der Verkauf auf Topmanagement-Ebene oder der Pragmatismus bei der Entwicklung von Lösungen, die innovative Denkweise sowie die hohe Flexibilität haben Vorbildcharakter auch für europäische IT-Provider. Es lohnt sich, von diesen zu lernen!“

Roland Berger Strategy Consultants